Volltext: Segantini's letztes Werk

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tat. Verschwinden doch fast die armseligen Menschlein 
in der weiten schneeigen und bergigen Oede, die 
so trauervoll stimmt 
und dabei doch so erhaben 
gleichgültig ist in ihrer herben Pracht. So kalt die 
Natur hier wirkt, so unsäglich schön ist sie doch. Dieses 
violette Tal des Schnees, mit den weißen, zacki 
gen Firnen darüber und dem blauen 
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leuchtenden 
Himmel in der Höhe und der goldenen wetterschwangeren 
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es ist nicht möglich, vor einem Bilde 
von soviel Herrlichkeit sich kleinen Schmerzgefühlen zn 
überantworten, auch wenn man die ganze Menschheit 
weinen sähe. Fühlen wir doch gerade hier, wie klein 
die Menschheit ist! Wie klein daher auch ihr Schmerz, 
der von der Natur aufgesogen wird wie ein übler Dunst, 
der aufwärts zur Wolke steigt, um sich mit ihr zur 
rechten Zeit zu entladen. 
In 
Segen und Schönheit 
wandelt sich unser Ungemach, und Geschlechter werden 
kommen, die über unsern Gräbern jauchzen 
gleich 
wie, schon mehr als ein Jahrhundert lang, die gesamte 
Kulturmenschheit den grausen Untergang der Pompejaner 
dankbar preist. So gibt auch hier die Natur den höheren 
Ton an, der den irdischen Jammer hell überklingt. Und 
jene Wolke gerade, die, unheildrohend wie ein Drache, 
sich auf die höchste Bergesspitze niederläßt, sie ist ein 
solch berauschend schönes Gebilde, daß wir, von Wonne 
durchdrungen, uns in ihren Anblick versenken, Lobgebete 
leise murmelnd. 
So schön ist das Bild, obgleich es noch lange nicht 
fertig ist. Die Pracht, die noch gebannt darin schlum 
mert, vermögen mir kaum zu ahnen. Noch viel geglie 
derter wäre gewiß alles geworden, noch reiner, heller, 
jubelnder. Noch deutlicher hätten iotr die Ueberwindung 
des Todes gespürt. Das hat nicht sein sollen, wie 
manches andere, das der schweigsame Künstler als kaum 
ausgesprochenes Projekt mit sich ins Grab genommen hat.
	        
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