Volltext: Vincent van Gogh, Cuno Amiet, Hans Emmenegger, Giovanni Giacometti

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Paris zurück, um in der Stille der Provence, in Arles, nun 
ganz zu sich zu kommen, sich zu geben. 
An das Werk dieser zwei Jahre denkt man heute zu 
erst bei seinem Namen. Wohl mit Recht. So viel Schönes 
und Feines aus der Pariser Zeit vorliegt — vor den Offen 
barungen der letzten Phase verblasst alles. Das dort Ana 
lysierte wird hier mit ungeheurer Kraft zusammengefasst, 
zu immer grösserer, immer intensiverer Einfachheit. Das 
Naturgefühl des Holländers steigert sich unter der südlichen 
Sonne bis zur Raserei; er ringt mit den Dingen, bis er sie 
zu stärkstem, glühendstem Lebensausdruck gezwungen, das 
Innerste, Letzte aus ihnen und zugleich aus sich heraus 
geholt hat. «Er malte seine Bilder nicht, er stiess sie aus. 
Er fühlte sich nicht dabei, war eins mit dem Element, das 
er darstellte, malte sich selbst in den lodernden Wolken, 
in denen tausend Sonnen der Erde Zerstörung drohen, in 
den entsetzt zum Himmel aufschreienden Bäumen, in der 
schrecklichen Weite seiner Ebenen.» Es ist, als ob zwischen 
Mensch und Umwelt alle Schranken gefallen sind; er reisst 
die Dinge wie im Paroxismus in sich hinein und formt sie 
unmittelbar zu neuem Leben, rastlos, unaufhörlich, bis er 
selber zusammenbricht. 
Die furchtbare Lebensfülle dieser letzten Werke ist 
nicht auszusagen. Es ist, als ob das innerste, geheimste 
Sein der Dinge nackt und unverhüllt sich aufrecht, zu fessel 
losem eigenem Leben erwacht. Und nicht nur die Dinge, 
— noch die Farbe reckt sich, in Flammen aufzüngelnd, zu 
selbständigem Dasein empor. Das Blau kämpft mit dem 
Gelb, das Grün mit dem Rot — und doch bleibt das 
Ganze gebändigt von der Hand des Meisters. Alle Glut 
und alle Ekstase bleibt unter dem Gesetz: «die Wildheit 
wird Dekoration, wird Schönheit, letzte, intensivste Kunst!» 
Und als er erlahmt, als die Kraft des Bändigers erschöpft 
ist, macht er freiwillig ein Ende, — weil er würdig, in Frei 
heit und noch über dem Dasein stehend, abschliessen wollte. 
Man hat in seinem Werke die Spuren des Wahnsinns 
entdecken wollen. Meier-Graefe entgegnet mit Recht: 
«Dass der Mensch wahnsinnig war, als er seine herrlichsten
	        
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