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Atmosphäre unendlich zart. Man hat diese Kunst
kalt genannt. Vielleicht ist sie kalt. Aber dann ist
es jene goldene Kälte, die allen Dingen gemein
sam ist, die sich vollendet haben. Kalt wie Raffael,
kalt wie Ingres. Kalt, wie die unsterblichsten
Schöpfungen von Goethe.
Feuerbach starb im Jahre 1880, Leibi im Jahre
1900. Hans Thoma lebt und schafft in ebenso
rüstigem Tempo wie Trübner, und beide ragen
in unsere moderne Zeit. Sie sind mit dem
Wesen der modernen europäischen Malerei innig
vertraut. Aber von der entscheidensten Tat
sache dieser modernen europäischen Malerei,
die jetzt ein halbes Jahrhundert alt ist, vom
Impressionismus, haben wir im Zusammenhang
mit diesen Führern deutscher Kunst noch nicht
gesprochen und nicht zu sprechen brauchen. Sie
haben ihre Kunst neben dem Impressionismus *
und ohne ihn entwickelt.
Nichtsdestoweniger hat auch der Impressionis
mus in Deutschland eine Rolle gespielt und spielt
sie noch heute. Aber dieser erste Impressionismus
war ein durchaus eigenes Gewächs. In den vier
ziger Jahren malte MENZEL, dieser rätselhafteste
Dämon der Kunstgeschichte, dieses grösste Talent
Deutschlands, Dinge, in denen der spätere Impres-