22
sah er den Impressionismus nicht, sondern glaubte
an Fontainebleau, und von hier aus entdeckte er
Holland, die holländische Natur, die ihm dann
zur zweiten Heimat wurde. Er malte die berühm
ten frischen, graugrünen Bilder der „Netzeflickerin
nen“, in denen sein Landschaftgefühl sich zur
Monumentalität aufreckte, er nialte die „Flachs
spinnerin“, vor der Menzel sagte, Liebermann sei
der einzige, der Menschen darstelle und keine
Modelle. Erst ganz allmählich, erst in den neun
ziger Jahren, wandte er sich konsequent dem
Pleinairismus zu, sein Naturgefühl war so stark
geworden, dass das unmittelbare Schaffen vor
der Natur ihm Bedürfnis ward. Erst auf dieser
Stufe ward der fast Fünfzigjährige zum Impres
sionisten. Die Wunder des Lichts und der Farbe
gingen ihm auf, und mit diesem Besitz schuf er
dann die grosse Reihe der Gemälde mit den ewig
abgewandelten Motiven von badenden Jungen,
Kindern am Strande, Reiter am Meer, Polospiel
und Amsterdamer Judengassen. Der Liebermann-
sche Impressionismus ist aber eine ganz persön
liche Angelegenheit. Im Gegensatz zu andren
Impressionisten sucht Liebermann hinter der Er
scheinung, dem ästhetischen „Schein“ der Welt, doch
immer in viel stärkerem Grade die Konstruktion.