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Wo und wann diese Erfindung gemacht wurde, ist unbe
kannt. Die früheste sichere Kunde von Glasmalereien datirt
erst aus dem Ende des X. Jahrhunderts; sie stammt aus Reims,
wo der Erzbischof Adalbert seine Kathedrale mit Glasfenstern
schmücken liess, auf denen, wie der Chronist sich ausdrückt,
verschiedene Geschichten gemalt waren. Immerhin mögen der
artige Werke auch damals noch zu den seltenen Ausnahmen
gehört haben, denn erst mit dem XII. Jahrhundert beginnt die
Reihenfolge der ältesten noch erhaltenen Glasmalereien, und
zwar finden sich dieselben, mit Ausnahme einer einzigen Suite,
der Oberlichter im Augsburger Dome, in französischen Kirchen.
Ihr Stil ist streng, die Zeichnung derb, oft ungelenk, mit wenigen
Zügen hingeworfen, die Zahl der Farben beschränkt, aber die
Zusammenstellung der Töne und der Gesammteffect, zu dem
sich diese Werke mit ihrer Umgebung verbinden, ist ein in so
hohem Grade harmonischer und prachtvoller, dass man billig
dem Lobe beipflichten kann, mit welchem die damaligen Schrift
steller der kirchlichen Interieurs und ihres farbenprangenden
Schmuckes gedenken.
Die Schweiz, an hervorragenden Kunstwerken arm, hat aus
dieser früheren Epoche nur wenige Proben aufzuweisen. Die
umfangreichsten und mei’kwürdigsten sind die Glasgemälde, welche
die Rosette im Querschiff der Kathedrale von Lausanne
schmücken. Andere, die ebenfalls im XIII. Jahrhundert entstanden,
sind ein paar Masswerkfüllungen im Kreuzgange des Klosters
Wettingen (siehe die Durchzeichnungen Xr. 129—131).
Zahlreicher und theilweise von höchst bedeutendem Umfang
und Kunstwerth sind einige Cyklen aus dem XIV. Jahrhundert.
Den Reigen eröffnen die Fenster, welche um 1322 für die Kloster
kirche von Hauterive (Altenryf) verfertigt und nachmals (1856)
in den Chor der Kathedrale S. Nicolas in Fr ei bürg versetzt
worden sind (einige Fragmente davon sind unter Nr. 1—3 aus
gestellt). Dann folgen die prachtvollen Chorfenster von Königs
fel den (1324—1351), der bedeutendste Kunstschatz, den die
Schweiz aus dem Mittelalter besitzt (Proben unter den Zeich-