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launige Solothurner Urs Graf, unerschöpflich in geistreichen
Einfällen und scurrilen, derbkomischen Entwürfen. Dass diese
drei, Hans Holbein voran, es nicht verschmäheten, für Glas
malereien ihre Yorzeichnungen und Risse zu liefern (Urs Graf
hat selbst auf Glas gemalt), giebt einen neuen Beweis von der
Bedeutung, die sie diesem Kunstzweige beilegten, wohl wissend,
wie zu derartigen Werken gerade die anmuthigen und lebens
lustigen Formen der Renaissance sich eigneten und wie rasch
auf solche Weise dem neuen Stile Erfolg und Verbreitung zu
sichern wären.
So war die Glasmalerei die populäre Kunst, die Kunst
des Tages geworden. Ihre Werke — von nun an lauter Cabinet-
stücke (eine Auswahl der Schönsten enthält das Panneau Kr.
HI und IV, Nr. 27—83 und 35) — sind unerschöpflich in der
Pracht und Fülle der Formen. Candelaberartige Säulen mit
Blattwerk, Genien und anderen Zierden geschmückt, wechseln
mit Pfeilern und Pilastern, auf denen Masken, Nachahmungen
antiker Münzen u. dgl. zwischen reizenden Combinationen von
Ranken erscheinen, bis auf den wuchtigen Capitälen der krönende
Abschluss beginnt: Hier ein Giebel oder ein Bogen, dort aus
Voluten gebildet oder Blättern und üppigen Knospen, denen
Figuren von Menschen, Thieren und Ungeheuern entwachsen.
Scenen allegorischen oder biblischen Inhaltes, andere Jagden
oder dergleichen Kurzweil darstellend, dann wieder Geschichten,
Mythen und Schwänke aus dem classischen Alterthum, meist
grau in Grau gemalt, mit spärlicher Anwendung des Silbergelbes,
füllen die oberen Zwickel. Das ist die übliche Form der Um
rahmung, in der sich von bunt und schwarz gemustertem Damaste
die Hauptdarstellungen detaschiren: Wappen, einfach oder paar
weise gruppirt, zuweilen begleitet von Schildhaltem, Banner
trägern und trotzigen Landsknechten, Damen oder allegorischen
Figuren, oft auch erscheint ein stattliches Paar in der kleidsamen
flotten Tracht des XVI. Jahrhunderts : der Mann in Wehr und
Waffen und ihm gegenüber die Dame mit dem Stauf oder Becher,
den sie dem Gatten credenzt.