wählen, von Papst Leo Ill. sich die Krone aufsetzen und von dem
obersten Herrn der Kirche als oberstem Herrn der Welt sich hul-
digen.
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Schon kurze Vertiefung in die Werke der Ausstellung erweist, wie
vollkommen, wenn Kunst Geschichte, Geschichte Kunstgeschichte
ist: Nur die geistige Reife und die im Gleichgewicht von Ziel und
Leistung noch unerschöpfte Kraft des augusteischen Rom hat
Werke erschaffen oder nachwirkend noch entstehen lassen können
wie einige der Bronzen, welche die Abteilung FORMEN eröffnen.
„Nachlässigkeiten‘‘, Unruhe, Verformungen, wie sie in den zeit-
lich nachfolgenden Arbeiten sich anzeigen, bedeuten weniger
Untreue und Unfähigkeit gegenüber ein für allemal verbindlichen
Forderungen, es sind die sich ändernden äußeren und inneren
Zustände, die in und an den Arbeiten sich ausprägen. „Alles hat
seine Zeit“, und nichts so sehr wie die menschliche Seele und
das, was sie aus sich gibt.
Unvorstellbar verschieden, so fremd wie eben Volk zu Volk ur-
sprünglich stand, folgen auf die römischen Gestalten die Figuren
und das Linienwerk der alemannischen und burgundischen
Schmuckstücke. Christliche Zeichen weisen über die Gegensätze
auf die spätere Verschmelzung hin. Berührungen und vorerst
beinah gewaltsame, deshalb nicht weniger großartige Mischung
von Welt und Kirche, Neuzeit und Altertum, Nordisch und Rö6ö-
misch bringen die klösterlichen Bücher aus den letzten Jahrhun-
derten des ersten Jahrtausends. Schriftblöcke, wie für Marmor-
tafeln fügen sich da zusammen mit Tierleibern und Bandgeflecht
von nordischer Verwegenheit, weltfrohe Prachtliebe stattet die
Männer Gottes mit Prunk von Gold und kostbaren Farben aus,
Gestalten und Formen der römischen Herrlichkeit werden ehr-
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