Full text: Uhu : das neue Monats-Magazin (3 (1927), 5)

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die den künstlerischen und produktiven 
Mensdien erstickt. So wie der knat 
ternde Rhythmus des Motors in den 
Straßen die menschliche Stimme über- 
sdireit, so ist es die Gleichmäßigkeit 
des Lebens, der Moral und der Bildung 
des durchschnittlichen Mensdien, die die 
Kunst zum Verenden bringt.“ 
Das ist auch gesagt worden, aber was 
helfen Worte in dieser Zeit, und wären 
es die stärksten, beseeltesten und wahr 
sten. Alle Prognosen, die der Dadais 
mus gestellt hat, haben sich erfüllt, eine 
der auffälligsten erscheint mir heute 
noch die Jazzmusik. 
Wir nannten das damals etwas hoch 
trabend „Sinfonie der Geräusche“, aber 
es war nichts anderes als das, was heute 
in technisch hödister Form sidi als Jazz 
musik präsentiert. Ich sehe mich nodi, 
wie ich in der „Sezession“ am Kurfür 
stendamm meine Gedichte mit Kinder 
knarre und Topfdeckel begleitete. Je 
mand, der viel erlebt haben wollte, 
stand auf, verhüllte sein Angesicht und 
ging hinaus. 
Lind doch war er ein der Wahrheit 
verschlossener Mensch, als er hinaus 
ging. Durch die Kinderknarren-Beglei- 
tung der Verse wurde einmal gesagt, 
daß zarte Lyrik in unserer Zeit der 
Wolkenkratzer keine Bedeutung mehr 
hat. Will jemand dem ernstlich wider 
sprechen? 
Und dann wurde gesagt, daß an 
Stelle der Melodie der Verse der 
trockene Knarrlaut der Geräusche sich 
siegreich durchsetzen wird. 
Es war die Geburtsstunde der Jazz 
musik — unabhängig von Paul Whit- 
man und den anderen Größen der 
neuen Welt. 
Noch kürzlich hat sich George Grosz 
in einer glänzenden Rede für den Da 
daismus eingesetzt, die Literaturge 
schichten beginnen hinter die Fassade 
des Ulkes zu sehen, wir werden lang 
sam Klassiker. 
Der Dadaist als Klassiker-Thema für 
einen großen Komödienschreiber (der 
in Deutschland noch nicht geboren 
wurde). Wir alten Dadaisten aber sind 
welterfahren genug, um uns mit allem 
abzufinclen, selbst mit unserer posthu 
men Glorifizierung. Warum auch nicht? 
Auch Schiller, glauben wir, hätte durch 
eine Querlage in den Dadaismus hin 
einrutschen können. 
Aus Dadas Absicht, den Spieler zu ärgern, entstand die sachliche Karikatur unserer 
Zeit, die mit ihrem kärglichen Strich ihr Objekt bösartig und grausam sesiert.
	        
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