Sol LeWitt, Ohne Titel (Pyramide), 1981
grossformatige Zeichnungen, zwölf graphische Arbeiten,
zehn Videobänder und drei «Artist books» besitzen. Das
Werk von Nauman entzieht sich in seiner Komplexität
Begriffen wie Process-Art, Concept-Art, Anti-Minimal- oder
Body-Art, die häufig in seinem Zusammenhang genannt
werden. In Reaktion auf die traditionelle Bildhauerei
einerseits und auf die geometrische Perfektion der Mini-
mal-Art andererseits interessiert ihn der Herstellungspro-
zess mehr als das Endergebnis. So verwirklicht der Künst-
ler seine Arbeiten in den verschiedenartigsten Materialien
und Medien, die nicht durch einen einheitlichen Stil ver-
bunden sind. Es entstehen Skulpturen aus Fiberglas,
Gummi, Wachs, Neonröhren, Holz, Gips und Eisen,
dazu Installationen, Zeichnungen, Graphiken, Photos,
Hologramme, Performances, Tonbänder, Filme und
Videos. Es ist Naumans Anliegen, existentielle Situatio-
nen und Orte physischer und psychischer Erfahrungen zu
schaffen. Diese sind in der letzten Zeit zunehmend von
Gewalt, Unterdrückung, Folter und Tod erfüllt. Dabei ist
die scheinbare Unfertigkeit und skizzenhafte Offenheit
vieler Werke bewusst eingesetztes Mittel, um bei dem
Betrachter über den Weg der Wahrnehmung Assozia-
tionen, Irritationen und Emotionen auszulösen. Die
Zeichnung dient Nauman zur Vorbereitung seiner drei-
dimensionalen Arbeiten, sie ist aber auch selbständige
Ausdrucksform seiner künstlerischen Vorstellungen.
Weitere Ankäufe galten Künstlern, die ihre Arbeiten
ebenfalls in räumlichen Installationen verwirklichen, wie
beispielsweise Vito Acconci, Jannis Kounellis und Mario
Merz. Die Zeichnung ist besonders geeignet, solche
Werke zu dokumentieren, kann sie doch einen Eindruck
sowohl von den ausgeführten als auch von den nicht
realisierten Installationsprojekten vermitteln. Ähnlich
verhält es sich bei den Künstlern, die in verschiedenen
Medien arbeiten, wie Dieter Roth oder Arnulf Rainer.
Dementsprechend sammeln wir von ihnen nicht nur
Zeichnungen und Graphik, sondern auch «Artist books»,
Photos und Videobänder.
Nach der Vorherrschaft der amerikanischen Kunst seit
den fünfziger Jahren und einem allerorts angestrebten
«Internationalismus» waren Ende der siebziger Jahre in
Europa, vor allem in Italien, Deutschland und der
Schweiz, junge Künstler ins Blickfeld getreten, die wieder
verstärkt auf eigene Traditionen zurückgriffen. Regiona-
lismus wurde nicht mehr mit Provinzialismus gleich-
gesetzt, im Gegenteil, die lokalen «Dialekte» erwiesen
erneut ihre eigenständige Kraft. Nach der «Entmateriali-
sierung» der Kunst in den sechziger und siebziger Jahren
durch die «Minimal-» und «Concept-Art» legten die jun-
gen Künstler wieder Wert auf das Material und den direk-
ten handwerklichen Umgang mit ihm. Die gleichzeitige
Rückkehr zum Figurativen war begleitet von der Wieder-
entdeckung der Mythen, die als geistiges Potential ver-
standen wurden, um ein nur rationales Weltverständnis
zu überwinden. Schnell verbreitete sich diese Malerei mit
ihrer expressiven Formensprache und ihrem «neuen Sub-
jektivismus» unter Etiketten wie «Neue Wilde», «Neo-
Expressionismus» oder «Transavantgarde». Einer dieser
Künstler, auf die wir uns in den achtziger Jahren konzen-
trierten, war Enzo Cucchi, von dem wir 1982 die erste
Einzelausstellung in einem Museum zeigten. Wir erwar-