nico Campagnola (in «Die Stigmatisation des Hl. Franziskus» in
der Klassik Stiftung Weimar). Und schliesslich ist das Motiv des
Baums, dessen oranges Laub vor dem Blau des Himmels auf-
leuchtet, oft und sehr ähnlich eingesetzt in Gemälden Tizians zu
finden. Die für Tizian charakteristische Farbigkeit ist insgesamt
hervorzuheben.
Im Gegensatz zu Gemä lden der Zeit auf Leinwand oder Holz
ist das Hauptmotiv hier auf innovative Weise die Landschaft sel-
ber. Vergleichbares findet man im Venedig des frühen 16. Jahr-
hunderts nur im Bereich der Zeichnungen und druckgrafischen
Werke. Dort sind die Hauptfiguren in den Landschaften im Ver-
hältnis viel kleiner als in zeitgleichen Gemälden und meist auch
nicht zentral angeordnet. Wichtige V e rtreter d ieser Land sc hafts-
darstellungen auf Pap ier sind Tiz ian selber, sowie Gi ulio Camp a-
gnola und dessen bereits erwähnter Stiefsohn Domenico. Ent-
sprechend kann unser Bild als Beispiel für die Ausweitung des
Landschaftskonzepts, wie es in den Zei chnung en entwickelt wur-
de, in den Bereich der M alerei geseh en werden. Bezeichnender-
weise wurde dabei der Bildträger Papier – der in Italien und im
Norden in der glei chen Zeit auch in anderen Fä llen für k leine Ge-
mälde nachweisbar ist – beibehalten. Offen bleibt die Frage, ob
das Bild als Stu die die nte oder für sich schon Werkcharakter hat te.
Philippe Bü ttner
1 Ein zige Ausnahme: 1912 wurde das Bild einmal der Bolognesischen Schu le zugewiesen.
Das Werk wird im Sommer 2020 im Rahmen einer Ausst ell ung zur Landschaftsmalerei im
Kunsthaus präsentiert und auf der Grundlage neuer kunsthistorischer und kunsttechno-
logisc her F orsc hungen in deren Katalog mit kompletter Bibliographie publiziert werden.
Wir beschränken uns hier auf: William R. Rearick, Il disegno veneziano del Cinquecento,
Mailand 2001, S. 39–40 und Anm. 42, S. 211–12. Einem bereits vorliegenden, 2018 durch
Libby She ldon in London erhobenen kunsttechnologischen Bericht zufolge lassen die Art
und Weise, wie die Materialien gehan dhabt wurden, wie auch der Gebrauc h bestimmter
nac hgewiese ner Farbmaterialien, das Bild als Produkt des frü hen 16. Jahrhunderts, mit
V erbindun gen zum Frühwerk Tizian s, einordnen.