Volltext: Jahresbericht 2019 (2019)

34 AKTIVITÄTEN 
Rein zahlenmässig war das Berichtsjahr in Sachen Neu- 
zugänge für die Sammlung (Gemälde, Skulpturen, Ins- 
tallationen) nicht sonderlich ereignisreich: Nur knapp 
ein Dutzend Werke konnten neu aufgenommen werden. 
Die meisten davon werde n im Bildteil dieses Berichts re- 
produziert, mehrere dort auch näher beschrieben. Von 
der Qualität der Werke her war es aber ein sehr inte- 
ressantes Jahr. 
SCHENKUNGEN 
Erwähnt seien hier zunächst zwei Werke bzw. Werkgrup- 
pen von Künstlerinnen: Zu verdanken ist die Schenkung 
von fünf zusammengehörenden Stickereien der israe- 
lischen Künstlerin Ella Littwitz der Dr. Georg und Josi 
Guggenheim-Stiftung. Diese Schenkung ist, wie Mirjam 
Varadinis im Bildtei l ausführt, im Kontext einer Neuaus- 
richtung des Guggenheim-Preises zu sehen. Besonders 
erwähnenswert ist sodann die von der «Gruppe Junge 
Kunst» der Zürcher Kunstfreunde erworbene Installation 
der 1990 geborenen schwarzen südafrikanischen Künst- 
lerin Lungiswa Gqunta. Mit dem Erwerb dieses Werks 
wird die massvolle, aber bedeutungsvolle Ausweitung der 
Sammlungstätigkeit auf Kunst von ausserhalb des eu- 
ropäischen und amerikanischen «Westens» (bzw. «Nor- 
dens») weiter vorangetrieben. Der titelgebende Rasen 
(«lawn») von Gquntas Arbeit besteht aus abgebrochenen 
Flaschen (signifikanterweise solche von Coca-Cola), die 
auf einer Holzplatte montiert sind. In Gquntas südafrika- 
nischer Heimat gehören Rasenflächen in e rster Linie zur 
Lebenswelt wohlhabender, auch heute noch mehrheit- 
lich weisser Personen. Mit zerbrochenem Glas werden 
Mauern belegt, die Grundstücke und Einrichtungen vor 
Eindringlingen schützen sollen. Und schliesslich wer- 
den – am anderen Ende der sozialen Skala – Flaschen bei 
Unruhen zu Petroleum-Bomben umfunktioniert. Darauf 
SAMMLUNG spielt 
in Gquntas Arbeit die in den Flaschen befindliche 
Flüssigkeit an, die im Sinne auch des «Lawns» zusätzlich 
grün gefärbt ist. Dieser explosive Rasen wird schwerlich 
mittels eines Liegestuhls geniesserisch in Besitz zu neh- 
men sein. Die ses Werk besteh t aus schlichten Materia li en 
und einer einfachen Struktur – ist aber dennoch durch- 
aus komplex. Mit den wirkungsvollen Stilmitteln der aus 
dem «Westen» übernommenen Kunstform der Installa- 
tion werden mittels ein paar Scherben und eines Bretts 
Themen, die in Südafrika relevant sind – Ungleichheit, 
Ausgrenzung und Widerstand, letztlich auch das Erbe des 
Kolonialismus als solcher und die mit ihm einhergehende 
Ausbeutung –, ins Spiel gebrach t. Wie relevant aber ist ein 
solches Werk für uns in Zürich und der reichen Schweiz, 
einem Land, das ja selber nicht als direkte Kolonialmacht 
in Erscheinung getreten ist? Finden sich etwa auch in Zü- 
rich, in der Schweiz private Rasenflächen, die mit Glas- 
sch erben vor unliebsamen Gästen geschützt werden? Gibt 
es auch bei uns von einer ruchlosen Oberschicht in Kauf 
genommene Ghettos, aus denen heraus bei Unruhen mit 
Petroleum gefüllte Flaschen mitgeführt werden? Taugt 
das Werk somit auch bei uns gar als Identifikationsstück 
für eine regional relevante «Community» von Verfolgten 
und Unterprivilegierten? Glücklicherweise wohl kaum. 
Dennoch aber sind Werke wie dieses für das Kunsthaus 
und sein Publikum von Interesse. Denn nicht zuletzt auf- 
grund von wirtschaftlichen und politischen Verflechtun- 
gen verschiedener Couleur – Südafrika ist dafür ein gutes 
Beispiel – haben derartige Themen aus an deren Weltge- 
genden oft mehr mit uns hier in der Schweiz zu tun, als 
uns lieb sein kann. Aber auch rein künstlerisch gesehen 
bereichert der Eingang solcher Werke unsere Sammlung. 
Zum einen wegen deren immanenten Qualitäten. Zum an- 
deren können sie auch Anlass bieten , traditionsreiche Be- 
stände unserer Sammlung für einmal neu zu betrachten: betrachten:
	        
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