G.
lewalt, einbrechende Gewalt des Gleichzeitigen!
Einst faß ich in der stahlblauen Einsamkeit meiner Abende,
da öffnete ich das Fenster, und herein geflogen kamst du, anzufehn
wie ein mondfarbner Vogel, mit Furchtbarem und Süßem beladen,
und ich fühlte: Ln diesem Augenblick... Die Zeiten entwichen ins
Unfaßbare, aber den Raum, den Erdraum dieses Augenblicks legtest
du wie ein Wollknäuel an meine Brust, und ich atmete die Traume
fernster Wesen, Regungen unbekannter Rreaturen versammelten
sich in meiner Rehle, und in meinem Blute mischten sich die
Elemente der Seelen. Die Gegenwart war in mich getreten als
eine Musik aus Spannung, Trieb und Aufschwung der Lebendigen,
und der Unendlichkeit dieses Augenblicks standhaltend, wußte ich
nicht, ob sie mich, ob ich sie regierte, nur daß sie gebunden, zu
leibhafter Musik gebunden war. Dann aber wußte ich wieder: als
ich mich zutiefst besinnend dich gehen hieß, Gewalt des Gleich
zeitigen, und du hobst dich hinweg wie ein mondfarbner Vogel,
mit entlasteten Flügeln, und ich schloß mein Fenster und fühlte
den Glockenschlag „Alle Zeit" durch mein Herz gehen. Hirn waren
sie wieder bei mir, Laotse der Alte und der goldne Platon, und
mit ihnen, verschwistert, die ganze Gegenwart. Und wie auf der
Rreuzigung des Frate Angelico die Gläubigen vieler Zeitalter dem
Ereignis beiwohnen und es kraft ihres Beisammenseins dem
Verlauf nicht mehr angehört, so ist je und je, wo die Zeiten sich
vereinigen, das Zeitlose nahe.
Jetzt aber, jetzt schlägst du mein Fenster ein, jetzt stürzest du
dich auf mich, Raubadler, Verhängnis, einbrechende Gewalt des
Gleichzeitigen, die Zeiten entfliehen vor deinem Saufen, und du
wirfst den Erdraum dieses Augenblicks wie einen Feuerbrand an
meine Brust. Aus deinem Feuerbrand gießt sich das Geschehen
Ln mein Blut, Stoßwucht und Starrkrampf, Ruf und Röcheln,