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Jahresbericht 1928 der Zürcher Kunstgesellschaft
„Zürich besitzt in seinem Kunsthaus noch nicht das Museum für bildende
Kunst, das der Bedeutung der Stadt entspricht. Was den Ruhm des Kunsthauses
(auch im Ausland) ausmacht, sind wesentlich die wechselnden Ausstellungen, die
bleibenden Bestände des Hauses stehen dazu in keinem rechten Verhältnis.“
Es schien, als ob dieses von Heinrich Wölfflin geprägte Urteil im verflossenen
Jahr durch die Zürcher Kunstgesellschaft selber zugunsten einer Ausstellung
noch einmal bestätigt würde, als sie mit der 17. Nationalen Kunstausstellung
die Verpflichtung zur Räumung der ganzen Sammlung während voller drei Mo-
nate bis an drei Ferdinand Hodler vorbehaltene Säle übernahm. Der Beschluss
entsprang aber nicht einer Geringschätzung der Sammlungsbestände und der
für ihren Ausbau anerkannten grossen Anforderungen. Da keine andere schwei-
zerische Stadt über die Räume verfügte, die eine angemessene Darbietung der
von der obersten Landesbehörde für die schweizerischen Künstler veranstalteten
Ausstellung hätten gewährleisten können, stellte sich das Zürcher Kunsthaus
noch einmal, zum drittenmal seit. 1910, auch in dieser Form in den Dienst der
Kunst. Die Erklärungen der eidgenössischen Behörde und das Urteil der Künstler
und der Oeffentlichkeit stimmen darin überein, dass es seiner Mission erfolg-
reich nachgekommen ist.
Das Streben nach dem „grossen Stil“ in den eigenen Unternehmungen
wurde daneben umso stärkere Verpflichtung. Mag die Sammlung heute noch
in manchen Teilen und als Ganzes unausgeglichen und erst wie ein Anfang
erscheinen, gute Ansätze und tragfähige Grundlagen sind vorhanden, dank dem
durch entschlossene Mitwirkung von Privaten und Behörden unterstützten Willen
zum höhern Ziel. Er wird sich nur mit zähem, unablässigem Bemühen durch-
setzen können, aber schrittweise Erfüllung kann ihm nicht versagt bleiben,
wenn die Freunde des Kunsthauses ihre Hülfe dem höhern Zwecke auch
weiterhin so entschlossen angleichen, wie es im letzten Jahr mehrfach geschehen
ist. Sowohl das Geschenk von Fr. 5,000 von seiten eines „langjährigen auswär-
tigen Kunden der Schweizerischen Kreditanstalt“, wie die Zuwendung von
Fr. 20.000 durch die Erben von Herrn Eduard Leicht, und das Vermächtnis
von Herrn August Weidmann-Züst mit Bildern von Böcklin, Hodler, Schwind