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Jahresbericht 1938 der Zürcher Kunstgesellschaft
Alle Museen sind an einem bestimmten Punkt, die meisten auf verschiedenen
Stufen ihrer Entwicklung, der privaten Sammeltätigkeit entscheidend ver-
pflichtet. Das Zürcher Kunsthaus kennt, um nur wenige und nur aus neuerer
Zeit zu nennen, Beispiele dafür in dem Vermächtnis Dr. Hans Schuler, den
Stiftungen des Geschwisterpaares Richard und Mathilde Schwarzenbach, den
Schenkungen August Abegg, Alfred Rütschi und Familie, Ottilie W. Roederstein,
der großen Zuwendung eines Basler Kunstfreundes, und in der Tätigkeit jenes
unter uns lebenden Zürcher Kunstfreundes, der unentwegt mit dem Gedanken
an das Kunsthaus mit offenem Blick prüft und wägt, was unsere Schweizer Maler
und Bildhauer, seine Freunde, vom Tag zum Tage schaffen, um das schönste
daraus sich und der Stadt Zürich zu erhalten.
Nicht immer ist es aber möglich, die oft nur mit großen Opfern gewonnenen
Früchte solcher Tätigkeit durch direkte Zuwendung auf dem geraden und kürzesten
Weg der Oeffentlichkeit zuzuführen, namentlich da nicht, wo neben dem Sammel-
eifer und -talent unumgängliche Rücksichten auf die eigene materielle Existenz
und auf Angehörige sich geltend machen. Da übernimmt das Museum gern die
finanzielle Last, um sich und der Oeffentlichkeit das Ergebnis der geistigen Leistung
zu sichern. So führte Zürich für sein Kunsthaus seinerzeit eine Welti-Aktion
durch und gewann Mittel durch eine Füßli-Spende, eine Hodler-Spende, eine
Jubiläums-Spende.
Im Berichtsjahr gelang, wieder dank dem Eintreten einer Anzahl von Freunden
des Kunsthauses, die Erwerbung einer Sammlung von Zeichnungen und
Aquarellen schweizerischer Meister aus fünf Jahrhunderten. Ein aus
Zürich gebürtiger, in Basel tätiger Kunstgelehrter, Herr Professor Dr. Paul Ganz,
hatte sie als einen Teil seines Lebenswerkes auf der Grundlage seiner umfassen-
den persönlichen Kenntnisse und weit reichender und vielfältiger Beziehungen
in der Welt der Sammler und des Handels angelegt und während Jahrzehnten
sorgfältig ausgebaut. Ihr Uebergang in den Besitz seiner Vaterstadt ermöglichte
ihm ein weitergehendes Entgegenkommen, als er vielleicht sich sonst hätte ge-
statten dürfen: wenn zwanzig Zeichnungen des Meisters schon der durch die
Kunstgesellschaft käuflich erworbenen „allgemeinen“ Sammlung angehörten, 8o
bestimmte Herr Professor Ganz seine dort nicht inbegriffene, reiche Spezial-
sammlung von Zeichnungen und Aquarellen von Johann Heinrich
Füssli dem Zürcher Kunsthaus als Geschenk. Von dem Gefühl der Genug-