Volltext: Jahresbericht 1994 (1994)

Sol LeWitt, Ohne Titel (Pyramide), 1981 
grossformatige Zeichnungen, zwölf graphische Arbeiten, 
zehn Videobänder und drei «Artist books» besitzen. Das 
Werk von Nauman entzieht sich in seiner Komplexität 
Begriffen wie Process-Art, Concept-Art, Anti-Minimal- oder 
Body-Art, die häufig in seinem Zusammenhang genannt 
werden. In Reaktion auf die traditionelle Bildhauerei 
einerseits und auf die geometrische Perfektion der Mini- 
mal-Art andererseits interessiert ihn der Herstellungspro- 
zess mehr als das Endergebnis. So verwirklicht der Künst- 
ler seine Arbeiten in den verschiedenartigsten Materialien 
und Medien, die nicht durch einen einheitlichen Stil ver- 
bunden sind. Es entstehen Skulpturen aus Fiberglas, 
Gummi, Wachs, Neonröhren, Holz, Gips und Eisen, 
dazu Installationen, Zeichnungen, Graphiken, Photos, 
Hologramme, Performances, Tonbänder, Filme und 
Videos. Es ist Naumans Anliegen, existentielle Situatio- 
nen und Orte physischer und psychischer Erfahrungen zu 
schaffen. Diese sind in der letzten Zeit zunehmend von 
Gewalt, Unterdrückung, Folter und Tod erfüllt. Dabei ist 
die scheinbare Unfertigkeit und skizzenhafte Offenheit 
vieler Werke bewusst eingesetztes Mittel, um bei dem 
Betrachter über den Weg der Wahrnehmung Assozia- 
tionen, Irritationen und Emotionen auszulösen. Die 
Zeichnung dient Nauman zur Vorbereitung seiner drei- 
dimensionalen Arbeiten, sie ist aber auch selbständige 
Ausdrucksform seiner künstlerischen Vorstellungen. 
Weitere Ankäufe galten Künstlern, die ihre Arbeiten 
ebenfalls in räumlichen Installationen verwirklichen, wie 
beispielsweise Vito Acconci, Jannis Kounellis und Mario 
Merz. Die Zeichnung ist besonders geeignet, solche 
Werke zu dokumentieren, kann sie doch einen Eindruck 
sowohl von den ausgeführten als auch von den nicht 
realisierten Installationsprojekten vermitteln. Ähnlich 
verhält es sich bei den Künstlern, die in verschiedenen 
Medien arbeiten, wie Dieter Roth oder Arnulf Rainer. 
Dementsprechend sammeln wir von ihnen nicht nur 
Zeichnungen und Graphik, sondern auch «Artist books», 
Photos und Videobänder. 
Nach der Vorherrschaft der amerikanischen Kunst seit 
den fünfziger Jahren und einem allerorts angestrebten 
«Internationalismus» waren Ende der siebziger Jahre in 
Europa, vor allem in Italien, Deutschland und der 
Schweiz, junge Künstler ins Blickfeld getreten, die wieder 
verstärkt auf eigene Traditionen zurückgriffen. Regiona- 
lismus wurde nicht mehr mit Provinzialismus gleich- 
gesetzt, im Gegenteil, die lokalen «Dialekte» erwiesen 
erneut ihre eigenständige Kraft. Nach der «Entmateriali- 
sierung» der Kunst in den sechziger und siebziger Jahren 
durch die «Minimal-» und «Concept-Art» legten die jun- 
gen Künstler wieder Wert auf das Material und den direk- 
ten handwerklichen Umgang mit ihm. Die gleichzeitige 
Rückkehr zum Figurativen war begleitet von der Wieder- 
entdeckung der Mythen, die als geistiges Potential ver- 
standen wurden, um ein nur rationales Weltverständnis 
zu überwinden. Schnell verbreitete sich diese Malerei mit 
ihrer expressiven Formensprache und ihrem «neuen Sub- 
jektivismus» unter Etiketten wie «Neue Wilde», «Neo- 
Expressionismus» oder «Transavantgarde». Einer dieser 
Künstler, auf die wir uns in den achtziger Jahren konzen- 
trierten, war Enzo Cucchi, von dem wir 1982 die erste 
Einzelausstellung in einem Museum zeigten. Wir erwar-
	        
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