ZÜRCHER KUNSTGESELLSCHAFT
Anfang Mai verlor die Zürcher Kunstgesellschaft zwei Per-
sönlichkeiten, die während Jahrzehnten die Entwicklung
unserer Gesellschaft aufs nachhaltigste geprägt haben.
Am 2. Mai verstarb Dr. Willy Rotzler, der unsere Aus-
stellungskommission, der er als Mitglied seit 1969
angehört hatte, von 1978 bis 1985 präsidierte und gleich-
zeitig auch Vorstandsmitglied war. Für die Direktion des
Kunsthauses war er stets ein überaus anregender
Gesprächspartner von höchster fachlicher Kompetenz. Er
hat sein weitverzweigtes Beziehungsnetz nicht nur zu
Gunsten des Kunsthauses eingesetzt, sondern hat die Kul-
turpolitik Zürichs, aber auch der Schweiz in zahlreichen
Gremien mitgeprägt.
Wenige Tage später verschied kurz nach seinem 89.
Geburtstag Dr. Walter Bechtler. Die Erwähnung seiner
Tätigkeit in unseren Gremien - er war von 1957 bis 1972
Mitglied der Ausstellungskommission, Gründungsmit-
glied der Alberto Giacometti-Stiftung und gehörte
während langen Jahren dem Vorstand der Vereinigung
Zürcher Kunstfreunde an - zeigt nur zu einem kleineren
Teil die freundschaftliche Beziehung des Verstorbenen zu
unserem Hause. Was Walter Bechtler mit dem Kunsthaus
verband, war nicht eine offizielle Ämterkarriere; seine
Verdienste um das Kunstleben in Zürich hat er nicht in
dieser Hinsicht instrumentalisiert. Sein sehr persönlich
geprägtes Interesse für moderne Kunst, sein diesbezügli-
ches Wissen und sein Instinkt verbanden sich mit einem
kontaktfreudigen Charakter, wovon nicht nur Junge
Künstler, sondern auch Sammlerfreunde und vor allem
die Kreise rund um das Kunsthaus in hohem Masse pro-
fitieren konnten. Ohne das Wirken von Walter Bechtler
wäre der öffentliche Kunstbesitz unserer Stadt spürbar
bescheidener. Durch die Errichtung der Walter Bechtler-
Stiftung für Moderne Plastik konnte eine bedeutende
Reihe von hervorragenden Kunstwerken auf öffentlichem
Grund plaziert werden.
Am 25. September verstarb Dr. Karl Binding, der mit
der von ihm und seiner Gattin gegründeten Sophie und
Karl Binding-Stiftung das Kunsthaus wiederholt unter-
stützt hatte.
Der Tod von Max Bill kurz vor Weihnachten bedeute-
:e auch für das Kunsthaus einen grossen Verlust. Beson-
ders schmerzlich ist‘'die Tatsache, dass die im letzten Jahr
mit ihm vorbesprochene Ausstellung «Bill zeigt Bill» nun
nicht mehr in dieser Form realisiert werden kann. Max
Bill gehörte unserer Sammlungskommission von 1966 bis
1972 an, nahm aber stets regen Anteil an der Entwicklung
des Kunsthauses, das ihn 1968 mit einer grossen Ausstel-
lung ehrte. Eine letzte kleinere Ausstellung konnte aus
Anlass seines 80. Geburtstages 1988 gezeigt werden. Max
Bill hat zudem die Ausstellungen von Kupka (1976) und
Vantongerloo (1981) im Kunsthaus eingerichtet.