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Umberto Boccioni. Im Unterschied zum eher idyl li-
schen französischen Postimpressionismus betrach-
teten die Divisionisten ihre Malerei als adäquate Aus-
drucksform ihrer radikalen politischen Gesinnung.
Die Aus ste llung gliederte sich in fünf Kapitel:
Den Auftakt machte die Landschaftsma lerei, denn
die Lands c haften der Lombardei und des Piemo nt
zählten zu den wic htigsten Motiven. Der zweite The-
menkomplex war die Ges ell schaftskriti k : In den
1890er-Jahren hatten die Krisen der Industri a lisie-
rung auch in Italien das Gefüge des gesellschaftli-
chen und wirtschaftlichen Lebens erschüttert. Viele
der divisionistischen Maler ergriffen mit ihren Bildern
in fast propagandistis c her Weise P artei. Die Abwen-
dung der enttäuschten Revolutionäre von der Politik
und hin zum Symbolis mus s tellte ein d rittes Kapitel
dar. In einem eigene n Saal wurde der international
erfolgreichste Divisionist, Giovanni Segantini, geehrt.
Und schlies slich zeigte das letzte Kapitel den Auf-
bruch zum Futurismus : 1909 publizierte M arinetti
sein « f uturistisches Manifes t», und bald schlos sen
sich die jüngeren Divisionisten der Bew egung an.
Balla, Carrà und Boccioni wurden zu den wic htigsten
Malern des Futurismus .
Die Ausstellung wurde in Kooperation mit der
National Gallery, London, erarbeitet und mit Werken
der Tessiner Zeitgenossen Edoardo Berta, Filippo
Franzoni und Luigi Rossi, dazu von Giovanni Gia co-
metti ergänzt. TB
AUSSTELLUNGEN IM KABINETT
S hifting Identities – (Schweizer) Kunst heute. Intro
Die Ausstellung «Shifting Identities – (Schweizer) Kunst
heu te» them atis ierte Fra gen von Wertewandel und
Identitätsverschiebungen im Zuge der Globalisierung
in der Schw eiz wie auch international (siehe oben zur
Hauptausstellung). Das Thema von Veränderung und
Verschiebung stand aber nicht nur auf inhal tliche r
Schweizer Künstler sind keine Schweizer, und umge-
kehrt leben etliche Schweizer Kunstschaffende im
Ausland. Der Flexibilisierung in der (Kunst-)Welt ent-
sprechend wurde das aktuelle Schweizer Kunstschaf-
fen als Teil eines transnationalen Koordinatensystems
gezeigt.
Die Ausstellung dehnte sich nicht nur über den
Bührlesaal in die Sammlung aus, sondern über die
Grenzen des Museums an Orte, die für die globalisier-
te Gesellschaft wichtig sind, wie den Flughafen Zü rich.
Sieben Künstlerinnen und Künstler zeigten dort Wer-
ke, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit die-
sem Transit-Ort auseinandersetzen.
Zur Ausstellung entstand eine eigene Website mit
Blog (www.shifting-identities.ch), auf der alle Veran-
staltungen und Performances zugänglich gemacht
wurden. – Unterstützt wurde die Ausstellung von Swiss
Re, Partner für zeitgenössische Kunst. – Vom10. April
bis24.Mai2009 reist die Schau ins Contemporary Art
Center (CAC), Vilnius. MV
Rivoluzione!
Italienische Moder ne von Segantini bis Balla
Die Ausstellung bot erstmals in der Schweiz einen
umfassenden Überblick über das Schaffen der be-
deutendsten italienischen Maler des ausgehenden
19. Jahrhunderts: der Divisionisten. «Divisionismus»
nennt man die italienische Spielart der in Paris als
«Neo-Impressionismus» oder «Pointillismus» bekann-
ten Nachfolgeströmung des Impressionismus. Die
Prinzipien der Farbtheorie und derOptikmit ihrer Ana-
lyse des Lichts und der Farben begründen die divisio-
nistische Malweise. Punkte oder Striche, oft in kom-
plementären Kontrasten reiner Primärfarben, fügen
sich zu schillernden, lichtdurchfluteten Kompositio-
nen. Die wichtigsten Vertreter der älteren Generation
waren Giuseppe Pellizza da Volpedo, Gaetano Previati,
Angelo Morbelli und Giovanni Segantini. In der zweiten
Generation finden wir die Maler, welche ihre Karriere
als Divisionisten begannen und später im Futurismus zur Reife gelangten: Giacomo Balla, Carlo Carrà und