WILLIAM BLAKE
WILLIAM BLAKE, Maler, Kupferstecher, Dichter und Mystiker, wurde am 28. November 1757 in Golden Square, London,
geboren; er starb dort am 12. August 1827 in Fountain Court, Strand. Seine frühe Kunsterziehung war auf akademischer
Grundlage; vom 7. bis 14. Altersjahr lernte er Zeichnen in der Schule eines gewissen Pars. Er kam dann in die Lehre zu James
Basire, Kupferstecher des Antiquaren-Verbandes, und zwei Jahre später wurde er von diesem beauftragt, in der Westminster-
Abtei und in den Londoner Kirchen die Denkmäler abzuzeichnen. Die Meisterwerke der gotischen Kunst, die er dort kennen-
lernte, machten einen tiefen Eindruck auf seine Phantasie, und von dieser Zeit an herrschen Erinnerungen an die gotische
Form und das gotische Ornament in seinen Zeichnungen vor. Im Jahre 1778 trat er in die Königliche Kunstakademie
(Royal Academy School) ein. Er begann um diese Zeit kleinere historische Bilder in Wasserfarben zu malen. Mit einem dieser
Gemälde, «Der Tod des Earl Godwin», trat er zum erstenmal (1780) in der Königlichen Akademie-Ausstellung auf. Während
der nächsten dreißig Jahre lieferte er gelegentliche Beiträge zu diesen Ausstellungen.
Blake heiratete im Jahre 1782 Catherine Boutcher, die Tochter eines Gemüsegärtners, die ihm keine Kinder gebar, ihm aber
in zärtlicher Liebe zugetan war und mit unermüdlicher Ergebenheit während eines langen Lebens der Armut und Entbehrung
sich für ihn abmühte. Er gab ihr Zeichenunterricht, und sie erwarb die Fertigkeit, ihm beim Drucken und Kolorieren seiner
Kupferstiche behilflich zu sein.
Der Tod seines Lieblingsbruders Robert im Jahre 1787, von dessen Hand noch mehrere Zeichnungen mystischer Natur er-
halten sind, machte einen tiefen Eindruck auf sein Gemüt, und von dieser Zeit an datiert der Anfang seiner schöpferischen
Tätigkeit als visionärer Künstler. Er behauptete später, von diesem Bruder in einer Vision das Originalverfahren erhalten zu
haben, durch das seine prophetischen Bücher mit Kupferstichen versehen und illuminiert waren.
Im Jahre 1793 ließ er sich in Lambeth nieder, wo er die Mehrzahl seiner mystischen Schriften veröffentlichte. Um diese Zeit
begann seine Freundschaft mit Thomas Butts, der ihm im Jahre 1799 einen Auftrag für fünfzig kleinere Bilder gab, das Stück
zu einer Guinee. Auf diese Weise wurde Butts der Besitzer der bedeutendsten Werke des Künstlers von diesem Datum an bis
zum Jahre 1810. Nur wenige von diesen Zeichnungen würden heutzutage nicht das Tausendfache dieses Betrages bei einer
Auktion erzielen. Im Jahre 1797 vollendete Blake eine Reihe von Zeichnungen für Youngs «Night Thoughts», von denen er
später viele als Kupferstiche, mit dem Text versehen, veröffentlichte.
Im September 1800 verließ er London und begab sich nach Felpham an der Küste von Sussex, um sich seiner Kupferstech-
kunst und anderen Arbeiten im Auftrag des Dichters Hayley zu widmen. Während dieser Zeit verfaßte er zwei große mystische
Epen, «Milton» und «Jerusalem», welche er nach seiner Rückkehr nach London im Jahre 1803 mit Kupferstichen ausschmückte.
Um dieselbe Zeit schrieb er ein Werk über die Theorie der Kunst, das er aufs sorgfältigste ausarbeitete und später in seinem
«Descriptive Catalogue » (Katalog mit Erläuterungen) sowie in anderen Schriften veröffentlichte. Gegen Ende des Jahres 1804
begann er eine Reihe von Zeichnungen für Blairs «Grave », von welchen (1806) eine Auswahl von Schiavonetti gestochen wurde.
Im Jahre 1809 veranstaltete er eine kleine Ausstellung seiner Werke und publizierte seinen berühmten «Descriptive Cata-
logue ». Er fand beim Publikum im allgemeinen wenig Beachtung, aber er gewann die Bewunderung von Charles Lamb und
anderer hervorragender Kritiker. Später veröffentlichte er einen schönen Stich von seinem Gemälde «The Canterbury Pil-