Weitgehende Umfragen und Besichtigungen waren nötig,
um Bilder und Leute aus ihrem Versteck zu holen; denn
dem Schweizer, der von der neuen Plattform ausging, die
durch den Kubismus geschaffen wurde, ist im allgemeinen
der Weg in die Oeffentlichkeit sehr erschwert. Die Zalıl
der Künstler, die sich veranlaßt sehen, in ihren Städten
oder Dörfern auf dieser Grundlage zu arbeiten, hat sich
als viel größer herausgestellt, wie anfangs angenommen
werden konnte. Sicher ist mancher, dessen Arbeit, ihrer
Qualität nach, beanspruchen konnte, hier vertreten zu
sein, ohne unsern Willen vergessen worden.
Sicher ist manches noch problematisch und in Abhängig-
keit von Vorgängern, anderes aber zeigt bereits ein durch-
aus selbständiges Gesicht. Man lege ruhig einen ernsten
Maßstab an, aber man versuche nicht, dies mit impressio-
nistischen Begriffen zu tun!
Ob gut oder schlecht, ohne Unterschied galt jeder, der
eine malerische Realität mit nichtnaturalistischen Mitteln
schuf, letzten Endes als unernst, als Provinzblüte, die,
wesensfremd, »Pariser Moden« kopierte.
Trotz allem hat sich unter der Oberfläche eine junge
Generation gebildet, die, nach den verschiedensten Seiten
hin, daran ist, die heutigen plastischen Möglichkeiten
auszubauen. Es ist begreiflich, daß manchem Betrachter,
der die Entwicklung der heutigen Kunst nicht selbst
erlebt hat, die Ausstellung einen verwirrenden Eindruck
hinterläßt, und doch sind es im einzelnen nur verschieden-
artige Durchformungem verhältnismäßig weniger plasti-
scher Grundtendenzen. Gerade die Reichhaltigkeit, mit
der — seit der vom Kubismus vollzogenen Umwälzung —
versucht wird, eine neue malerische Erfassung der Welt
zu gewinnen, ist ein Zeichen innerer Lebendigkeit.
Man lasse dem Nachwuchs, wie jedem andern, seinen
Raum zum Atmen und die Bilanz wird durchaus nicht
negativer ausfallen, wie bei andern Generationen.
Es wird noch einige Zeit dauern, bis das Publikum von
sich aus verlangen wird, daß ein Kunstwerk nicht die
Aufgabe hat, die Natur wiederzugeben, sondern heute
seinen Zweck nur dann erfüllt, wenn es selbst wie ein
Stück Natur gewachsen ist und sich gleichsam gleich-
berechtigt neben die übrigen Erscheinungen der Welt
setzt. Ohne unsere Kunst zu ahnen, hat 1881. ein Einzel-
gänger, der deutsche Kunsthistoriker Conrad Fiedler, in
wenige Worte zusammengefaßt, was heute Neues gewollt