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auf dem ein madonnenartiges Frauengebilde durch drei schwertartig stilisierte
Säbel die Wundmale ihres Sohnes, eines gefallenen Kriegers, empfängt, so
wirkt dieses Rundbild zwar im technischen Sinne als altmeistcrlich nachempfunden;
zugleich aber fühlen wir, wie sich das Erlebnis in dem Künstler nur eben so und
nicht anders verdichten konnte. Noch stärker wird in uns die Erinnerung an die
typischen Grablegungsdarstellungen aus der Kunstgeschichte wach, wenn wir jenes
Blatt betrachten, auf dem ein sterbender blutjunger Soldat von drei Frauen
und einem Kameraden sanft zu Boden gebreitet wird. Trüge nicht der Kamerad
den Helm, schimmerte nicht auf seinem Arm das Kote Kreuz, wir würden kaum
an eine Rriegsfzene denken. Mit bewundernswerter Knappheit variiert Geiger
in Bewegung und Ausdruck den tiefen, wortlosen Schmerz der Leidtragenden
und bewährt sich auch in dieser edlen Kunst der beredten Kargheit des Ausdrucks
als ein echt deutscher Künstler.
Das tritt noch ganz besonders auf jenem Blatt hervor, auf dem eine
Gruppe schlafender oder halbschlafendcr Franzosen mit impressionistischer
Virtuosität gesehen ist. Je schwieriger die Bewegungsphase ist, desto mehr
reizt sie unseren Künstler, desto genauer berechnet er. Niemals läßt Geiger
den Schauer des Kriegsodems an sich vorüberwehen, sondern er umspannt das
Erlebnis mit unerbittlicher Seelenschärfe. Darum mächte ich auch in den
Sturmszenen den größten wert dieser Mappe erblicken. Man sieht es schon
den gespannten Mienen der um die deutsche Eiche der Titelvignette versammelten
Krieger an, daß sie zu stürmen wissen I wie dann aber (auf einem besonders
liebevoll ausgestalteten Blatt) zwei förmlich wie überlebensgroß erscheinende
Krieger barhäuptig, Seele und Leib ganz in Schlacht und Wut gehüllt, vor
stürmen, wie das fahle, weißliche Licht des Pulverdampfes, in das sich das
Aufflackern der Schrapnells gleißend zu mengen scheint, die Rriegerköpfe verklärt,
das ist von einem Erlebniskünstler überzeugend gestaltet. „Tod und Sieg!" —
dieser furchtbare Ruf des Krieges erbraust wie eine dröhnende Posaunenfanfare
aus Geigers Heldendarstellung hervor! Mit wilder Ekstase hat Geiger das
Sichheben und Senken der verröchelnden Menschenbrust nacherlebt; genial ist
hier besonders der Gedanke, gloriolenartig von dem dahinwelkenden Helden
leibe Schraffierungen ausgehen zu lassen, die in den Hintergrund übergehen,
wo des Gefallenen Kameraden, die mit wundervoller Lebendigkeit in der Be
wegung des Sturmangriffs angedeutet sind, den Kampf weiterführen. Es ist
die Vision „Durch Kampf zum Sieg!", diese Vision jedes sterbenden deutschen
Helden, die wie ein mächtig hallender Unterton durch diese Mappe, durch diese
prächtige Schöpfung eines gut deutschen Künstlers mitklingt und noch lange
brausend in uns nachtönt l
Arthur Neißer