Volltext: Jahresbericht 1976 (1976)

1943 begann Dr. Wehrli, noch unter der Direktion 
von Dr. Wilhelm Wartmann, seine Tätigkeit im 
Kunsthaus. 1950 wurde er als Direktor gewählt. In 
der Zeit seiner Amtsführung hat sich das Kunsthaus 
in ausserordentlichem Masse entwickelt. Es war 
Dr. Wehrli vergönnt, zwei wesentliche bauliche Er- 
weiterungen mitzuerleben und mitzugestalten. 1958 
konnte der von Herrn Emil Georg Bührle gestiftete 
Ausstellungsflügel eröffnet werden, der das Kunst- 
haus von der jahrelangen Sorge befreite, für die 
Wechselausstellungen immer wieder Teile der 
eigenen Sammlungen ausräumen zu müssen, und 
1976 der in diesem Jahresbericht so häufig erwähnte 
Erweiterungsbau, der vor allem für die stark ange- 
wachsene Sammlung konzipiert wurde. Dr. Wehrlis 
Sinn für architektonische Zusammenhänge hat sich 
nicht nur bei diesen grossen Unternehmungen in 
befruchtendem Masse bewährt, sondern auch bei 
der Einrichtung der 371 Ausstellungen, die zwischen 
1950 und 1976 von der Kunstgesellschaft durch- 
geführt wurden. Allein diese Zahl belegt, dass das 
Veranstalten von Ausstellungen im Zentrum von 
Dr. Wehrlis Interesse gelegen haben muss. Die Mög: 
lichkeiten, die der Ausstellungsflügel von 1958 
seinen Neigungen eröffnete, hat er stets genutzt. Es 
war sein dauerndes Anliegen, Jeder Ausstellung ihr 
eigenes Gesicht zu geben, sei es durch die Stellung 
der mobilen Trennwände, sei es durch die Farb- 
gebung der Hintergründe, durch massgefertigte 
Vitrinen und Sockel, durch die Lichtführung, kurz, 
unter Inanspruchnahme aller ausstellungstech- 
nischen Mittel, die unsere Zeit zur Verfügung stellt. 
Das Einrichten von Ausstellungen war seine Leiden- 
schaft, und wenn er sich gelegentlich im Scherz 
einmal als «Hänger von Zürich» bezeichnete, so 
schwang in diesem Ausdruck sicher auch die be- 
rechtigte Freude darüber mit, dass die Ausstellungs- 
gestaltung in seinem Hause auch jenseits der 
Landesgrenzen Bewunderung hervorrief. Natürlich 
war ihm bewusst, dass Gestaltung allein keine Aus- 
stellung macht. In der Wahl der zur Darstellung 
gelanaenden Themen bewies er stets eine grosse 
Offenheit. Seine künstlerische Neugier trieb ihn in 
vergangene Zeiten und entfernte Kulturen. Zu einer 
Spezialität des Hauses wurde unter seiner Leitung 
die Präsentation aussereuropäischer Kulturen. Mit 
der Durchführung der unvergessenen Ausstellung 
«Kunst und Leben der Etrusker» inizlierte er 1955 
einen Ausstellungstypus, der bald weltweit über- 
nommen wurde. Solche Veranstaltungen haben die 
Besucherzahlen in die Höhe schnellen lassen und 
das jeweils grosse materielle und persönliche 
Engagement belohnt. Es folgten in dieser Reihe, 
um nur die wichtigsten Veranstaltungen zu nennen 
1959 « Kunst der Mexikaner», 1959/60 « Kunst aus 
Indien», 1960 «1000 Jahre chinesische Malerei». 
1961 «5000 Jahre ägyptische Kunst», 1962 
«Kunstschätze aus Iran», 1963/64 « Koptische 
Kunst», 1966/67 « Historische Schätze aus der 
Sowjetunion», 1969 « Kunstschätze aus Japan», 
1970/71 « Kunst aus Schwarz-Afrika», 1974 
«Pompeji — Leben und Kunst in den Vesuv- 
städten». Diese Ausflüge in die Archäologie und ir 
aussereuropäische Kulturen wurden ausbalanciert 
durch thematische und monographische Darstel- 
lungen von älterer, neuerer und jeweils auch neueste! 
Kunst des alten Kontinents. seit 1953 auch Amerikas 
Diese Offenheit wurde zuweilen kritisiert von 
Leuten, die Offenheit mit Konzeptionslosigkeit ver 
wechselten. Es war Dr. Wehrlis Konzept zu zeigen 
was ihm Bestand zu haben schien, was seinem 
Gefühl für Qualität entsprach. Seine Offenheit 
konnte sich auch immer wieder schliessen, gegen 
das Modische beispielsweise, gegen das Elegante 
das Eingängige; auch das wurde Ihm manchmal 
vorgeworfen ... Die grosse Weite seines Aus- 
stellungsprogrammes widerspiegelte zweifellos die 
Situation der Nachkriegsjahre, als die Grenzen In 
so manchen Beziehungen wieder aufgingen, als ir 
speziellen innerhalb der Museen der Begriff des 
«muse&e imaginaire» diskutiert wurde, das heisst, die 
gesamtheitliche Sicht über alle Zeiten und Stile. 
Die Ausstellungen haben immer wieder befruchten« 
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