AUSSTELLUNGEN
Bilder aus der Neuen Welt
Amerikanische Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts
Ausgangspunkt der gemeinsam mit der Berliner National-
galerie erarbeiteten Ausstellung mit Meisterwerken aus der
Sammlung Thyssen-Bornemisza und Museen der Verei-
nigten Staaten war einerseits die Tatsache, dass die amerika-
nische Malerei des 18. und 19. Jahrhunderts im deutschen
Sprachraum bis anhin so gut wie unbekannt geblieben war;
andererseits erschien in Zürich ein möglicher «Dialog» mit
den gleich anschliessend im Grossen Ausstellungssaal
gezeigten Beispielen Russischer Malerei im 19. Jahrhundert von.
besonderer Relevanz und sinnlichem Reiz zu sein.
Einen Schwerpunkt der amerikanischen Kunst des 19.
Jahrhunderts bildet die Landschaftsmalerei, die —zunächst
noch von europäischen Vorbildern bestimmt — im Zuge
der Besiedlung des «wilden» Westens ihr wichtigstes Bild-
thema formulierte: die Darstellung noch unberührter, den
Siedlern jedoch «verheissener» Natur. Ihr kam entspre
chend das Hauptgewicht in den axialsymmetrisch ange-
ordneten, farblich differenzierten neun Räumen zu. Hier
folgten sich, nach thematischen Gesichtspunkten verteilt,
die Porträt- und Historienmalerei des 18. Jahrhunderts, die
paonoramahaften, romantischen Landschaftsdarstellungen von
Cole, Church und Cropsey, die frühen Genrebilder von
Bingham, Clonney und anderen, die Freilichtszenerien der
Iluministen, eine Serie von Indianerdarstellungen und Schilde-
rungen des Siedlerlebens, ein. zweiter Block mit Genreszenen, aus
denen die Schöpfung des nicht nicht nur in den USA hoch-
geschätzten Winslow Homer hervorragten, ein kleine, aber
höchst exquisite Gruppe ganzfiguriger Porträts, eine Werk-
gruppe der amerikanischen Impressionisten und schliesslich —
mitunter als Hauptattraktion der Ausstellung betrachtet —
sine Auswahl der ungemein beliebte «trompe-l’ceil»-Stil-
leben des späten 19. Jahrhunderts. Höhepunkte der einzel-
nen Abteilungen wie auch des gesamten Überblicks zur
amerikanischen Malerei überhaupt bildeten John
Singleton Copleys erstes Historienbild Warson und der Hai
(National Gallery of Art, Washington), das mehr als drei-
einhalb Meter breite Bergpanorama Ein Sturm in den Rock)
Mountains des deutschstämmigen Albert Bierstadt (Broo-
klyn Museum, New York) sowie James McNeill Whistlers
Weisses Mädchen (National Gallery of Art, Washington). Trotz
zahlreicher prominenter und nur selten bewegter Leih-
gaben unter den rund 90 gezeigten Bildern sowie einer
einhellig positiven Aufnahme in den Medien vermochte
die von einer attraktiven Tonbildschau begleitete Entdek-
kungsreise in künstlerisches Neuland mit rund 40000
Besuchern zumindest zahlenmässig nicht die von den
Organisatoren erwartete Publikumsresonanz auszulösen.
Der von Prof. Thomas W. Gaehtgens herausgegebene, ım
Münchner Prestel-Verlag erschienene Katalog bot mit den
ausführlichen Kommentaren zu sämtlichen ausgestellten,
farbig reproduzierten Bildern sowie 15 Essays vor allem
deutscher Spezialisten sowohl einen sinnvollen Einstieg
für den interessierten Laien wie einen wissenschaftlichen
Beitrag zur Erforschung amerikanischer Malerei der betref-
fenden Zeitspanne aus europäischer Sicht.
Russische Malerei im 19. Jahrhundert
Einen Hauptbeitrag zum Junifestwochen-Thema «Ein
Fenster zu Europa — Traditionen der Moderne in der russ}
schen und sowjetischen Kunst» bildete die bisher umfang:
reichste Darstellung der Russischen Malerei des 19. Jahr-
hunderts im Westen. Erstmals in der Schweiz konnten 107
Gemälde von 48 Künstlern gezeigt werden, wobei zwei
Drittel der Leihgaben aus der Staatlichen Tretjakow-Galerie
Moskau und ein Drittel aus dem Staatlichen Russischen
Museum Leningrad stammten. Die kulturpolitische
Öffnung in der Sowjetunion erlaubte uns, die Auswahl in
den riesigen Depots zu treffen, so dass manche Bilder zum
ersten Mal auf Reise gingen und erstmals publiziert
wurden.