RESTAURIERUNG
1992 erwarb die Paul Büchi-Stiftung zu sehr günstigen
Konditionen ein Frühwerk von Max Beckmann, das den
Tod der Kleopatra darstellt und leider früher schwere Ein-
griffe von «Restauratoren» erlitten hat. Durch die Wachs-
doublierung, eine entschieden zu starke Reinigung und
den dicken, glänzenden synthetischen Firnis wirkte die
Bildoberfläche buntscheckig, während die sachliche
Zuordnung dieser Flecken und die räumliche Entwick-
lung des orientalischen Gemaches oft unklar blieben.
Unsere Vorstellungen von Beckmanns Werk sind von dem
um 1918 entwickelten reifen Stil geprägt; doch er galt
schon vor dem Krieg als einer der wichtigsten jungen
Künstler, dessen Arbeiten allerdings eine erstaunliche
Diversität aufweisen: zwischen Jugendstil und Impressio-
nismus oszillierende Landschaften, dramatische Massen-
szenen in der Art Corinths, an die Nabis erinnernde
Interieurs, geladen von der psychisch-expressionistischen
Auffassung Munchs. In unserem Gemälde macht sich
überdies die Tradition der französisch romantischen
Malerei von Delacroix bis Moreau geltend. Angesichts
dieser experimentellen Vielseitigkeit und dem Fehlen von
unberührt erhaltenen Vergleichsstücken, wie es sich aus
unseren Erkundigungen bei deutschen Kollegen ergab,
musste das Ziel der Restaurierung offenbleiben — trotz-
dem wagten wir das Abenteuer, das Gemälde wieder sei-
nem ursprünglichen Aussehen anzunähern.
Nach dem Abnehmen des Kunstharzfirnis und der
Doublierung wurde das Wachs in wiederholten Benzin-
bädern so gut wie möglich aus der Gemäldestruktur aus-
gewaschen; dadurch konnte eine wesentlich trockenere
Erscheinung der Malerei zurückgewonnen werden. Bei
der eingehenden Betrachtung der Oberfläche zeigten sich
auf den Farbkuppen Abreibungen, durch die tieferliegen-
de Schichten sichtbar wurden und zur erwähnten Fleckig-
keit führten. Durch die Retuschierung dieser Durchbre-
chungen der originalen Farbhaut schlossen sich die For-
men wieder zusammen, so dass die Komposition wieder
wesentlich lesbarer erscheint und sich der Innenraum in
seiner Tiefendimension und Atmosphäre entfaltet.
Anschliessend haben wir ein grösseres Unterfangen in
Angriff genommen: die Restaurierung unserer Sammlung
von Gemälden Johann Heinrich Füsslis. Ihre sehr unter-
schiedlichen materiellen Erscheinungen haben uns bisher
davon abgehalten, obwohl der disparate optische Zustand
schon seit langem nach einer Verbesserung ruft. Nament-
lich gegenüber dem heute tonig braunen Bild «Theuseus
empfängt von Ariadne den Faden» wirken die übrigen
scharf hell-dunkel; insbesondere die Inkarnatpartien
erscheinen in kalkigem Weiss, was oft als Merkmal von
Füsslis manieristischer Auffassung betrachtet wird. Die
Untersuchungen zeigten aber, dass das brauntonige Bild
das am besten erhaltene ist; es bewahrt unter dem
ursprünglichen, natürlich vergilbten Firnis die zum Teil
allerdings gleichfalls verfärbten Lasuren in unberührter
Vollständigkeit. Nach einer oberflächlichen Reinigung
und dem Retuschieren geringfügiger Abscheuerung kann
dieses Gemälde nun als Muster für die Restaurierung
anderer Werke von Füssli dienen, die oft durch allzu
scharfe Reinigung ihre Lasuren und damit an räumlicher
und plastischer Kohärenz verloren haben.
In dem anmutigen «conversation piece» von Heinrich
Freudweiler «Der Künstler als Jäger mit Gattin und Schwä
gerin am Sihlsprung» klaffte seit längerem in der Mitte
eine offene Brettfuge. Bei einem früheren Eingriff wurden
die originalen Schwalbenschwänze, die die beiden Teile
zusammenklammern, zersägt und durch eine Leiste
ersetzt, die nicht genügend Halt bot. Während des Verlei-
mens der Tafel haben wir die ursprüngliche Verklamme-
rungsart wieder erstellt. Auf der Bildseite störte der
ungleichmässig dicke, gelbtonige Firnis, der zur Errei-
chung einer geschlossenen Bildwirkung bei dieser dünn
lasierenden Malerei doch unabdingbar is. So konnten wir
uns darauf beschränken, die Verdickungen chemisch und
mechanisch zu reduzieren, um eine einheitliche Firnis-
fläche und eine Reduktion der alterungsbedingten Verfär-
bung zu erreichen.