AUSSTELLUNGEN
Das Capriccio als Kunstprinzip
Zur Vorgeschichte der Moderne von Arcimboldo und Callot
his Tiepolo und Goya
Die von Ekkehard Mai konzipierte Ausstellung nahm
sich vor, den Begriff «Capriccio» wieder im Sinne der
Kunstliteratur des 16. bis 18. Jahrhundert als Gattungs-
begriff für die vielfältigen Randphänomene der bilden-
den Kunst einzusetzen. Im Bereich der Druckgraphik
dank der Titel auf den Stichfolgen stets gegenwärtig
gehalten, verlor er sich für Gemälde ausser bei den Archi-
tekturcapricci des 18. Jahrhunderts, obwohl die schrift-
lichen Zeugnisse von Vasari bis Goya den Terminus auch
dafür verwendeten. Dank der Zusammenarbeit mit dem
Wallraf-Richartz-Museum in Köln und dem Kunsthisto-
zischen Museum Wien konnte diese These mit hervor-
ragenden Kunstwerken demonstriert werden. Es sind
gerade diese Bilder ausserhalb der herkömmlichen und
inhaltlich wie funktional stark gebundenen Gattungen.
die die Moderne vorzugsweise faszinierten.
Die Präsentation ging von der Idee des Arkadischen
als Gegenbereich zur offiziellen, zeremoniellen Welt des
Yofes aus: quasi eine Insel, ringsum Himmelblau, auf
dem die graphischen Blätter als Produkte der Phantasie
erschienen, darin zwei düstere Wäldchen von Stell-
wänden für den experimentellen Beginn im Manieris-
mus und den Bereich des erschreckend Sublimen von
Salvator Rosa und Magnasco über Füssli bis zu Goya
ınd Turner. Dazwischen fanden sich zwei heitere grüne
Boskette für die Architekturcapricci von Claude und
Codazzi bis zu Pannini, Hubert Robert und den Vene-
zianern einerseits, für die F&tes galantes mit dem Pro-
grammbild Watteaus und Werken seiner Nachfolger
andererseits. - Die Ausstellung stiess bei den hier nicht
sehr zahlreichen Kennern der älteren Kunst und auch
bei etlichen Liebhabern der Moderne auf ein sehr posi-
tives Echo; das Konzept freilich war selbst für die Presse
zu anspruchsvoll. ChK
Birth of the Cool
Amerikanische Malerei - von Georgia O’Keeffe bis
Christopher Wool
Warum ist die amerikanische Position heute eigentlich
interessant? In unserem Jahrhundert hat sich zuerst in
Amerika das ausgebildet, was wir heute die Massenkultur
nennen, und gerade in der Kunst ist dort zu allererst die
Reibung mit dem kulturellen Erbe gespürt, getestet, und
radikal darüber nachgedacht worden. Hier finden wir
Kunst ohne falsche Ehrfurcht, die allen überflüssigen
Ballast abgeworfen hat. Grosse selbstbewusste, klare
Statements. Keine biederen Fensterlein - Birth of the Cool
eben.
Vielleicht war gerade der unschulbuchmässige Rück-
blick das einnehmende Moment dieser sehr gut
besuchten Ausstellung. Nicht nur die offenen Augen der
jungen Besucher trafen hier unvoreingenommen und
mit Neugier auf die spezifisch amerikanische Kultiviert-
heit. In der Ausstellung spielte das Bild, das Image, eine
grosse Rolle, ohne dass von figurativer Malerei im tradi-
tionellen Sinn gesprochen werden konnte. Es zeigte ein
irrlichternes Bild, das mehr mit der Medienwelt ver-
knüpft ist als mit der Naturanschauung. Auch wenn ein
Künstler wie Alex Katz in die Landschaft hinausgeht
oder Portraits malt, bleibt sein Bezugsfeld die Welt der
Billboards, der überlebensgrossen Reklametafeln, und
des urbanen Lebensgefühls. Auch bei der zurückhaltend
dienenden Ausstellungsarchitektur konnte man von
einer Feier des Elementaren sprechen, ein Sich-auf-das-
Grundsätzliche-Besinnen.
Andy Warhols über fünf Meter lange «Shadow Paint-
ings», welche den atemberaubenden Auftakt der Schau
machten, stammen von 1978. Sie waren Scharnierstellen
der Ausstellung, weil in diesen Bildern die Malerei
der Vorgänger und auch jene der Nachfolger auf ein-
drückliche Weise enthalten ist. Die «Shadow-Paintings»