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KATHARINA FRITSCH
FRAUMITHUND,
16 SCHIRMEN UND SECHS POSTKARTEN
Katharina Fritsch (*1956 in Essen) ist eine der bedeu-
tendsten bildenden Künstlerinnen der Gegenwart. Ihre
Werke befinden sich in zahlreichen öffentlichen und
privaten Sammlungen. Mehr denn Skulpturen sind es
eher dreidimensionale Bilder, energetische Präsen-
zen im Raum. «Warengestell mit Madonnen» 1989,
«Mann und Maus», 1992, «Tischgesellschaft», 1988,
oder «Elefant», 1987, sind auf Grund ihrer bildhaften
Prägnanz fest im kollektiven Gedächtnis des Kunst-
publikums verankert. Katharina Fritsch vertrat 1995
Deutschland an der Biennale in Venedig, wurde 1996
mit dem Kunstpreis Aachen ausgezeichnet, hatte 2001
eineAusstellunginderTateGalleryinLondonundist
Trägerin des Piepenbrock Preises 2008 für Skulptur.
Im Kunsthaus Zürich, wo Katharina Fritsch im
Sommer 2009 eine grosse Retrospektive zeigt, war die
Künstlerin bereits in den thematischen Ausstellun-
gen «Hypermental» ( 2000) und «Zeichen und Wunder»
( 1995) mit markanten Werken vertreten. Ihre grossen,
hypnotisch wirkenden Skulpturen, die sich in Sekun-
denschnelle einprägen, wie etwa der «Rattenkönig»,
199 1–93, der im Schaulager der Emanuel Hoffmann-
Stiftung in Basel permanent zu sehen ist, spielen
mit den archaischen Vorstellungen, Wünschen und
Ängsten des Menschen und stellen oft raumfüllende
Ensembles von Objekten dar.
In neuerer Zeit ist die Künstlerin dazu übergegan-
gen, ihre Skul pturen in Gegenüberstellung mit gross-
formatigen Bilde rn zu ze igen. Siebdrucke , die imma-
teriell wirke n, weil sie ohne Rahmen und ohne Glas
in mon ochrome n, wechselnden Farbbahnen von den
Wänden leuchten. Diese Technik unterstützt auch die
Thematik einige r neuer Werkgruppen, die sich mit der
Na tur, dem Garte n, aber auch mit dem Ikonischen und
den Alltagsmythen beschäftigen. Spannend erscheint
ebenfalls, dass Fritsch in diesem Zusammenhang
neu erdings als Frau mit der Erotik ein Te rrain der
Kunstgeschichte be tritt, das bis anhin vorwiegend
män nlich besetzt war. Den markanten Anfang se tzte
dabei eine grosse weibliche F igur, «Frau mit Hu nd»,
von 2004.
Die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde hat nun im
Hinbl ick auf den projektierten Erweiterungsbau, und
damit der neueren Ankaufspolitik des Hauses entspre-
chend, eine grosse Werkgruppe von Katharina Fritsch
erwerben können, die dem Thema «Paris» gewidmet
istundinderenZentrumdie«FraumitHund»steht.
Die einzelnen Werke dieser Grupp e weisen zugleich
eine grosse Autonomie auf. In Zukunft wird das
Ensemble sowohl als Ganzes in einem grossen Raum
gezeigt werden, oder aber es können auch bloss ein-
zelne Elemente zusammen mit anderen Werken ande-
rer Künstler ausgestellt werden.
Die Werkgruppe um «Frau mit Hund» besteht aus
einer aus rosa Muschelformen komponierten Frau-
engestalt mit dem assortiert gestalteten Hund, 16 an
der Decke schwebenden farbigen Schirmen und sechs
vergrösserten Postkartenbildern. Die Sch irme und die
immateriell wirkenden Bilder vermitteln eine lu ftige
Stimmung, das Werk zielt auf Assoziationen zu Rokoko
und Populärkultur und beschwört auf souveräne Art
das schwierige Thema der Leichtigkeit. In ihm wird die
komplexe Aura einer Stadt wie Paris evoziert, zugleich
aber auch der Mythos der «Schaumgeborenen» Venus
am Stoff der modernen Alltags- und Souvenirwelt gerieben.