Volltext: Jahresbericht 2019 (2019)

35 AKTIVITÄTEN 
Denken wir etwa an unse ren bedeutenden Sammlungs- 
bestand an prächtigen Seestücken und Stillleben vo ller 
exotischer Preziosen von holländischen Künstlern des 
17. Jahrhunderts. Diese Bild er sind von hoher künstleri- 
scher Qualität, und es berei tet Freude, sie in ihrer stili s- 
tischen Eigenart zu studieren. Zugleich aber sind nicht 
wenige der in ihnen präsenten Bildmotive untrennbar 
verknüpft mit der Geschichte der damals wichtigen Kolo- 
nialmacht Holland, die notabene auch beispielhaft für die 
bedeutende Rolle steht, die Europa im transatlantischen 
Sklavenhandel gespielt hat. Auch die erwähnten wunder- 
schönen Gemälde entstanden also so gesehen vor einer 
Folie, die Entrechtung und Verfolgung einschloss. Von da 
aus ist es nicht mehr weit zur Spiegelung postkolonia- 
ler Missstände, wie Gqunta s Werk sie beinhaltet. So lche 
Arbeiten können uns somit helfen, historisch relevante 
Schichten in Werken unserer Sammlung neu in unsere 
Betrachtungen miteinzubeziehen. Dies bereichert unse- 
ren Blick. 
KÜNSTLERINNEN IN DER SAMMLUNG 
Bleiben wir beim riesengrossen Thema «Künstlerinnen». 
In der Sammlung des Kunsthauses gibt es bis weit ins 
20. Jahrhundert hi nein ein eklatantes Missverhä ltn is zwi- 
schen der zahlenmässig ma ssiv dominierenden Kunst von 
Künstlern und derjenigen, die von Künstlerinnen stammt 
(um uns hier auf diese beid en Kategorien zu beschränken). 
Dies hat mit der Geschichte der Kunst selber zu tun, im 
Rahmen derer erst ab Ende des 19. Jahrhunderts Frau- 
en überhaupt so langsam die Gelegenheit erhielten, sich 
zu Künstlerinnen au sbilden zu lassen. In der Sch weiz ge- 
schah das wie üblich noch mals deutlich später . Die Ku nst- 
haus-Sammlung bil det hier also einen allgemeinen Miss- 
stand ab. Immerhin nimmt die Präsenz von Werken von 
Frauen mit fortschreitender Dauer des 20. J ahrhunde rts 
zu, erst ab den 1960er-/1970er-Jahren aber ändert sich 
das Verhältnis signifikant. Dies hat nicht zuletzt mit dem 
Aufkommen der Vide o-, Installations- und Performance- 
Kunst zu tun, bei denen Künstlerinnen bis heute mit ton- 
angebend sind. Hier sind Künstlerinnen in der Samm- 
lung nun breit vertreten, in manchen Jahren wurden und 
wer den mehr Werke von Künstlerinnen als von Künstlern 
erworben. Was nun die Präsenz der Werke von K ünstlerin - 
nen in den R äumen der Sammlung a ngeht, so sind Frauen 
bis heute krass u ntervertr eten. Mehr als punktuell än dern 
können wird sich dies erst ab Eröffnung des Erweiterungs- 
baus. Denn erst dann können wir end lich der neuesten und 
Gegenwartskunst genug Platz einräumen, im Rahmen de- 
rer Künstlerinnen stark präsen t sind. Das Kunsthaus wird 
dann ein neues Gesicht zeigen können, eines, das nicht 
mehr nur von den «Dead White Males» dominiert wird. 
Wobei dies ein komplexes Gelände ist. Die gros se Meret 
Oppen heim etwa sagte, es gebe keine «weibl ich e» Kunst: 
der Geist sei androgyn. – Die ser androgyne Geist aber, er 
soll, er muss, er wird im erweit erten Kunsthaus mehr Ent- 
faltungsmöglichkeit erhalten. Und dies wird es mit sich 
brin gen, dass Frauen, die Kunst gemacht haben und ma- 
chen, in den Sammlungsräumen des Kunsthauses endlich 
markant stärker vertreten sein werden. Eine ( jüngst par- 
tiell geforderte) Quote von 50 Prozent Kunst von Frauen 
aber wird es im Kunsthaus nicht geben können, so lange 
wir – wie ich finde, zu Recht – unsere Aufgab e darin seh en, 
nicht nur unsere Sam mlung zu zeigen, so ndern auch die 
historische Realität der in ihr gespiegelten Geschichte der 
Sammlungstätigkeit der Kunstgesellschaft erfahrbar zu 
machen. Dies aber heis st, auch die starken gendermäs- 
sigen Asymmetrien auszuhalten, die erst ab der Ära Felix 
Baumanns und v. a. der aktuellen von Christoph Becker 
intensiv korrigiert zu wer den begannen. 
ENTDECKUNGEN 
Was Kunst von (und für?) Frauen angeht, sei hier ab- 
sch liesse nd noch auf ein besonders bedeutendes Werkge- 
schenk zweier grosser Freunde und Förderer des Kunst- 
hauses, Thomas und Cristina Bechtler, hingewiesen. Zur 
Erinnerung an ihre im Dezember 2014 bei einem Unfall 
tragisch ums Leben gekommene Tochter Johanna haben 
sie dem Kunsthaus eine eindrucksvolle, lichte Skulptur 
der amerikanischen Malerin, Bildhauerin und Filmerin 
Sarah Morris geschenkt. Sie ist im Bildteil abge bil det. 
Ebenfalls zu entdecken ist dort eine weitere, durch Frau 
Verena Heberlein-Stahel erfolgte Schenkung. Es handelt handelt
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.