Volltext: Niklaus Manuel Deutsch

Grandson, dessen Besatzung von 412 Eidgenossen Karl der Kühne 
von Burgund am 28. Februar 1476 im See ertränken oder an Bäu- 
men aufknüpfen ließ. 
Die beiden Tafeln sind, auch wenn ihre Fertigstellung ein Jahr 
früher angesetzt wird als die Bezahlung, das erste Werk von Manuel 
nach seinem Aufenthalt in Mailand, das auf uns gekommen ist. 
Wer erwartet, daß sie etwas ganz Neues in seiner künstlerischen 
Entwicklung bringen, italienisch sich darbieten, wird enttäuscht. 
Plastisch einfach, ganz auf den wirkungsvollen Umriß gestellt, 
in der Malweise dem stattlichen Format angepaßt eher grob 
und summarisch, bis an die Gesichter, erweisen sie sich mehr 
den Errungenschaften des Totentanzes verpflichtet als Italien. 
Vieles, was dieses dem Künstler neu zu geben vermochte, hatte 
auf hundert Wegen bereits nach Bern gelangen können. Der Mai- 
länder Zug ist ja nur-eine Bestätigung bereits bestehender Bezie- 
hungen, nicht erst Anfang. Zu dem Heiligen Achatius hat wohl 
der gleiche Johanniter-Komtur Rudolf von Fridingen Modell ge- 
standen wie für den Johanniter-Ritter im 7. Feld des Totentanzes, 
Übereinstimmung ist vorhanden vom Scheitel bis zur Sohle. An 
die Heilige Barbara erinnert die Gestalt der Königin im 11. Doppel- 
bild des Tanzes. Die Farben der beiden Tafeln sind im jetzigen 
Zustand durch einen ziemlich neuen, bräunlich lasierenden Firnis 
gedämpft. Die etwas unpersönliche Glätte und Feierlichkeit der 
Gesichter erklärt sich daraus, daß die zwei Heiligen Begleiter eines 
verlorenen Haupt- und Mittelbildes sind. 
Vor allem die Landschaft spricht in den Außenseiten des 
Grandson-Altars. Sie blickt nicht nur in kleinem Ausschnitt zum 
Fenster herein wie auf den Tafeln von 1515, sondern ist selber 
Schauplatz des geschilderten Geschehens. Der steile Felsturm 
steht beherrschend in der Mitte. Zum erstenmal erscheinen die 
ernsten Baumsäulen als Ordner für Bildfläche und Blickrichtung. 
Die Märtyrer, überaus zahlreich und im Vordergrund recht groß, 
aber sehr schonungsvoll und weich gemalt, sind wenig individuali- 
siert. Sie haben noch Anteil an der zarten Blankheit der Gestalten 
in den Tafeln von 1515. 
Als Italien verpflichtet gelten gelegentlich die Silberstiftzeich- 
nungen der beiden «Schreibbüchlein», im besondern die Frauen- 
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