Die Nelkenmeister in Zürich
Nachwort
Mit dem Rückzug der Tafeln aus dem Schweizerischen Landes-
museum ist die Zürcher Nelkenmeister-Ausstellung im Kunsthaus als
solche aufgehoben worden. Ihre eingehende wissenschaftliche Wür-
digung hat sie durch Konrad Escher am 15. Dezember in Nr. 2467
der „Neuen Zürcher Zeitung‘‘ erfahren. Künstlerisch anregend hat
sie während ihrer ganzen Dauer auf weite Kreise gewirkt, die zur alten
zürcherischen Malerei bisher materiell oder ästhetisch den Zugang nicht
gefunden hatten. Wissenschaftlich ist ihr wichtigstes positives Er-
gebnis die augenfällig demonstrierte künstlerische Zusammengehörig-
keit der beiden „Zürcher Stadtbilder‘““, Fragmente eines großen zür-
cherischen Märtyrer-Altars, mit den neu ans Licht getretenen vier
Tafeln des „Michael-Altars‘. Der Kritik hat sıe das Auge geschärft
für Unterschiede auch innerhalb der bisher als einheitlich hingenom-
menen, aus den Figurenbildern des Landesmuseums, bezw. der Zürcher
Zentralbibliothek, den Stadtansichten, dem Michaelsaltar und den
einzelnen Stücken des Kaiser-Friedrich-Museum, der bischöflichen
Sammlung in St. Gallen und der Karlsruher Kunsthalle gebildeten
Gruppe „Zürcher Nelkenmeister‘‘, die ihrerseits auch erst auf Grund
der Zürcher Ausstellung von 1921 von der Gruppe „Nelkenmeister““
schlechthin abgetrennt worden ist.
Durch die Zusammenziehung der dauernd dem Zürcher Kunsthaus
verbleibenden Tafeln des Zürcher Meisters und der auf kurze Zeit
zur Verfügung stehenden Leihgaben aus Berlin, St. Gallen, Karlsruhe
mit den dem Berner Nelkenmeister zugeschriebenen Tafeln des Kunst-
hauses werden in einer neuen Situation jene von der Ausstellung 1921
aufgeworfenen Fragen wieder neu beleuchtet. Auch der nach dem
Berner Johannes-Altar benannte Nelkenmeister hat die acht Jahre
seit der Ausstellung nicht unbeschädigt überstanden. Es bleibt ıhm
außer dem Johannes-Altar, von dem vier Bilder (von zweı Flügeln)
im Berner Kunstmuseum, eines im Museum Budapest und ein Flügel
ım Zürcher Kunsthaus hängen, ım Zürcher Kunsthaus noch die „Dar-
bringung‘“; aber für das dritte Stück des Kunsthauses, das Fragment
eines Weihnachtsbildes mit den im tradıtionellen zerfallenen Stall
knienden Gestalten von Maria und Josef, das als bernerisch emp-