1.
Hierhergefahren, um den Herausgeber zu sehen, habe ich ihn Bern,
7 IX 1917
flüchtig gesprochen, dann reiste er nach Beatenberg. Nun fühle *
ich mich in dieser mir fremden Stadt recht verlassen. In Zürich
die ästhetische, hier die politische Hälfte; ich aber fühle mich
in meinen Interessen so geteilt, daß ich eigentlich auf dem Punkte
stehe, den Ästheten der Politik aufzuopfern. Tolstois Tagebuch
(aus den Jahren 1895—99), das ich nebst wenigem anderen hier
her mitgenommen, kommt mir da sehr gelegen. Ich habe Zeit
genug und kann mir, auf der Bundesterrasse sitzend, die Welt
zurechtlegen wie sie ist und wie sie sein könnte.
*
,Die Kunst/ sagt Tolstoi, ,die immer exklusiver, immer
egoistischer wurde, ist endlich wahnsinnig geworden, denn Wahn
sinn ist nichts anderes als der auf die Spitze getriebene Egoismus!
Die Kunst ist bis zum äußersten Grade egoistisch und damit
wahnsinnig geworden. 4 Die Lösung sieht er in der Volksmusik
und der Volkspoesie. Zeitweilig; denn er scheint sich dabei nicht
beruhigen zu können.
,Beständig/ sagt er, ,denke ich nach über die Kunst und
über die Versuchungen und Verführungen, die den Geist ver
dunkeln; und ich sehe, daß auch die Kunst in diese Kategorie
gehört, aber ich weiß nicht, wie ich das erläutern soll 4 (S. 81).
Daß Gott die Welt erschaffen habe, nennt er ,einen absurden
Aberglauben 4 .
Und er findet, es sei ,ein Mißverständnis, Gott als Person zu
verstehen 4 . Person heiße Begrenztheit. Wie solle Gott eine Person