Das Jahr, über das wir berichten, kann im ganzen als ein
normales gelten. Jedenfalls dann, wenn man das einmal
Gegebene als normal bezeichnen will; normal, daß nur sehr
wenig Mittel für Ankäufe zur Verfügung stehen; normal, daß
mit verhältnismäßig bescheidenem Personal eine umfang-
reiche Ausstellungstätigkeit durchgehalten wird,
Als wichtig zu notieren ist der Wechsel im Präsidium der
Zürcher Kunstgesellschaft. Herr Dr. Franz Meyer, der wäh-
rend zwanzig Jahren die Gesellschaft geleitet hat, wollte die
Last der Geschäfte auf jüngere Schultern legen und ist in der
Generalversammlung vom 24. Mai durch Herrn General-
direktor Dr. Alfred Schaefer ersetzt worden. Wir haben den
Rücktritt von Herrn Dr. Franz Meyer aufs tiefste bedauert,
besaß er doch Eigenschaften, deren Vereinigung immer und
heute vielleicht besonders selten ist; Unabhängigkeit im weite-
sten Sinne des Wortes, leidenschaftliche Anteilnahme an den
Dingen der Kunst, Begeisterungsfähigkeit und urbane Form
und, das heute seltenste, ohne das alle diese Eigenschaften
nicht hätten fruchtbar werden können, Zeit, Er hat seine Zeit
in großzügiger Weise in den Dienst des Kunsthauses gestellt,
immer bereit, zu helfen und einzugreifen. Seine häufigen
Besuche waren keine Kontrollgänge — alles Bürokratische und
Enge lag ihm denkbar fern —, sondern entsprangen, selbst
wenn es sich um Geschäftliches handelte, dem Bedürfnis, den
Dingen der Kunst, dem Gespräch mit ihnen und über sie nahe
zu sein. Da ihm Kunstwerke nicht in erster Linie Wertobjekte,
sondern Manifestationen von Lebenskräften bedeuteten, war
er allem Heutigen und Neuen lebendig interessiert zu-
getan. Und manches noch nicht konsekrierte Werk wäre wohl
kaum in die Sammlung des Kunsthauses gelangt, manche
kühne Ausstellung unterblieben, ohne sein Eingreifen oder
seine moralische und wohl auch materielle Hilfe. Daß er, dem
Geltungsbedürfnis fern lag und der sich in den Umgang mit
den Werken eigener Wahl, die ihn umgeben, hätte zurück-
ziehen können, des oft lecken und von allerhand Winden