geschaffenen Eisenplastiken mit ihren konkaven,
einen inneren Leerraum umhegenden Schichtungen
und Schalen. Besonders das vertikal entwickelte
«Ex-voto» (1955) erinnert an die gleichnamige
Skulptur (1956), aber auch an die nahe verwandten,
etwa zwei Jahre später entstandenen «Aaron-
stab», «Rittersporn» und «Rübezahl». Aber Müllers
Plastiken sind zum Teil aus vorgefundenem
Schrott gefügt, müssen jedenfalls zusammenhalten,
während die Formelemente einer Zeichnung
lediglich zusammenzustimmen brauchen. Daher
können die spröden, plastisch-räumlichen Eisen-
elemente der Plastiken sich auf der Zeichnung
zum skriptural-fliessenden Zeichen umwandeln; sie
erscheinen hier vergleichsweise dekomponliert,
nur locker ineinandergreifend. Was an der Plastik als
Schale und Sichelblatt, als Stab oder zuweilen
aggressiv-abwehrende Panzerung auftritt, mani-
festiert sich auf der zweidimensionalen Zeichnung als
gerade oder abgewinkelte Pinselmarkierung, als
eine Art Kommagebilde, als verschieden breite, wei
che, sich einrollende Kringel. Im wohl schönsten
Blatt dieser Serie (1957 entstanden) tritt der skriptu-
rale Charakter am offensichtlichsten in Erscheinung.
Es ist in der Tat eher geschrieben als gemalt, und
zwar hat der Künstler abermals Nussbaumbeize ver:
wendet, diese aber wie die ostasiatischen Kalli-
graphen mit dem Pinsel aufgetragen. Als Bildträger
wurde Japanpapier gewählt. Die « Schriftzeichen» —
anders kann man diese auf die Zeile gebrachten
Formen nicht gut nennen — verlaufen horizontal am
oberen Blattrand. Unterhalb dieser Zeile breitet
sich eine U-Form aus. Ihr linker Balken fasert gegen
das Ende hin aus; der fast trockene Pinsel liess
vor allem hier das Durchschimmern des hellen Papier-
grundes zu. Müller hat derart den bei den chinesi-
schen und japanischen Schreibmeistern traditionellen
Effekt des «überflogenen Weiss» (chin. fei-pal)
ins Spiel gebracht.
von jenem Erotismus, den einige Interpreten Müllers
meines Erachtens zu einseitig sozusagen aus allen
seinen Werken herauszuspüren vermeinen. Beide
Blätter gehören thematisch und formal In den
Umkreis der Plastiken «Niche» und « Lustbunker»
(1967-1970 in verschiedenen Fassungen und
verschiedenen Werkstoffen). Stark formalisiert und
fast ins Mythische gehoben, legen sie Assoziationer
mit Penetration und Aufklaffen des weiblichen
Schosses unabweisbar nahe.
Fritz Billete
Zwei einander verwandte Bleistiftzeichnungen aus
den Jahren 1966/67 zeugen endlich eindeutig
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