Die Stützen von Altar, Thron und Vaterland aus dem Gemälde „Deutschland — ein Wintermärchen“ (George Grosz, 1917)
Wir schieben vereint! Wir prassen vereint!
Wir haben alle nur einen Feind: Rußland!
Zum Preisausschreiben in Nr. 5 der „Pleite“: „Wer unterzeichnet den Marloh-Wechsel?“
Die Preisrichter sahen sich veranlaßt, die ausgesetzte Prämie den Antworten I und II zuzusprechen,
gleichfalls der Veröffentlichung wert.
Eine dritte Einsendung schien
I.
Kennwort: Kain
Die Unterschrift lautet: Meyer, d.h.: die Reichsregierung,
die Regierungen aller besseren Bundesstaaten, die schlagende
Verbindung Revanchia, der Schreiber des Ministers Erzberger
und der Portier der Deutschnationalen Volkspartei. Obgleich
diese Größen einander ungefähr gleich sind, wird doch in
Deutschland als einem Volksstaate besonderer Wert auf
die Mitwirkung des genannten Portiers gelegt.
Sollte trotz aller Vorsichtsmaßregeln, die von einem
besonderen Ausschuß der Nationalversammlung getroffen
worden sind, und trotz aller einschlägigen Dementis, die
das Wolffsche Telegraphenbureau bereits auf Lager hat, die
Wechselangelegenheit öffentliches Aufsehen erregen, so hat
ein kontraktlich hiezu verplichteter Namensvetter des „Unter
schrift' 4 -Meyers (von Beruf Leutnant im 248. Noskegarde-
Regiment) alle Schuld allein auszubaden.
Dieser Leutnant Meyer soll gegebenenfalls von einigen
Sanitätern zu einem nahegelegenen Kriegsgericht transpor
tiert werden. Das Kriegsgericht wird gegen ihn einen erst
klassigen Prozeß veranstalten, damit die Jungfrau Unabhängig
nach 5 Jahren Weltkrieg immer mal wieder über die Schrecken
des Militarismus erröten und staunen kann.
Leutnant Meyer würde dann nach § 51 St. G. B. frei
gesprochen, und zwar mit folgender Begründung: Der Wechsel
als offennsichtlich angemessene Gegenleistung für Marlohs
Leistung zu Gunsten der All-Gemeinheit wäre auch ohne
Unterschrift von jedem deutschen Bankhause etc. eingelöst
worden; ein Offizier, der seinen Namen unter einen Wechsel
setzt, welcher eine Unterschrift garnicht nötig hat, handelt
zwar zweifellos ehrenhaft, kann aber hierfür nicht verant
wortlich gemacht werden; nach Anhörung von Zeugen und
bewährten Sachverständigen hält das Gericht für erwiesen,
daß jemand, der ohne objektiven Grund 29 Matrosen er
schießt, kein Rohling ist, sondern nur seine vollkommene
Befähigung zum Kapitalisten beweist; füglich stehe dem
Oberleutnant Marloh besagte Million von rechtswegen zu.
Im Interesse ihrer weißen Weste wird die gesamte Reichs
regierung ein Interview veröffentlichen: sie könne von der
Wechselsache schon deswegen nichts gewußt haben, weil
sie — von Ludendorff nur zur Herstellung internationaler
Schwierigkeiten zugelassen — viel zu beschäftigt sei, als daß sie
sich um deutsche Angelegenheiten bekümmere; wenn trotzdem
die nationale Friedhofsruhe noch manchmal gestört werde,
unbegi eiflicherweise sich sogar hin und wieder etwas ereigne,
so können nur kommunistische Drahtzieher (meist land
fremde Elemente) daran schuld sein.
P
II,
Motto: Marianne
III.
Kennwort: Pauke
Während Marlohs langer schwerer Festungshaft
ergab sich, daß die Unterschrift des Wechsels unnötig
'ist. Der Kultusminister Haenisch nämlich erließ in
zwischen einen „Aufruf an die Höheren Schüler und
Schülerinnen Deutschlands zur Marloh-Spende“, dessen
Ertrag die auf dem Wechsel angegebene Summe
geradezu lächerlich gering erscheinen läßt. In dem
Aufruf, der für ewige Zeiten ein leuchtendes Kultur
dokument sein wird, heißt es unter anderem: „Die
„Marloh-Spende“ unterscheidet sich darin von allen
anderen Spenden, daß sie auch wirklich dem zugute
kommt, dem sie offiziell gewidmet ist.“ — Dazu
meldet W.T.B,: „Am Tage der Befreiung unseres
geliebten Marloh, der uns von dem Kruppzeug, dem
Gelichter der Spartakisten erlöst hat, bot sich dem
Großstädter ein schönes Bild. Weißgekleidete Kinder
standen vor dem Gefängnis Spalier, der Weg war
mit Vergißmeinnicht, bestreut, und ein kleines Mäd
chen überreichte dem Helden die Marloh-Spende.
Gerührt dankte selbiger, und der Chor der Kinder
stimmte das alte, ewig schöne Lied an: Nun danket
alle Gott, mit Herzen, Mund und Händen.
An unsere LeserI
Mit dieser Nummer schließt das i. Quartal
der „Pleite“.
Ende Januar erscheint Nr. 7. Trotz großer Ver
teuerung der gesamten Herstellung ab 1. I. 1920 be
halten wir den alten Preis bei, aber
Wir brauchen Propaganda!
Wir brauchen Abonnenten! • » >
Wir brauchen Wiederverkauf er!
Wir brauchen Massenabsatz!
um — ohne Inserate — die Herstellungskosten
zu decken. Organisationen, Betriebe etc. er
halten hohen Rabatt.
Die Unterschrift unter dem Wechsel für Marloh
wird folgendermassen aussehen:
Hierdurch wird bescheinigt, daß die obenstehenden
drei Kreuze von dem hierorts ansässigen Individuum
Willi in meiner Gegenwart aufgezeichnet worden sind.
Der p. Willi ist ein harmloser und nicht eben übel
beleumdeter Landfremder, der im November vorigen
Jahres hierselbst zugezogen ist. Da derselbe offenbar
nichts gelernt hat als regieren, in Wieringen ich aber
selbiges tue, so wird derselbe von mir zum Kühe
treiben benutzt. Seine Eignung hierfür ist mäßig;
ich habe ihn oft mit einem Holzsäbel bewaffnet
unter den Kühen herumlaufen sehen, er murmelte
dabei häufig: „Immer feste druff“, und führte dauernd
die ausgestreckte rechte Hand dorthin, wo wir unsere
Stirn haben. Heute morgen um halbacht kam der
p. Willi zu mir in die Kanzlei und verlangte stürmisch,
den beigelegten Wechsel zu unterschreiben. Auf
meine Frage, ob er denn des Schreibens mächtig sei,
antwortete er Nein, er gab an, vielmehr von Gottes
Gnaden zu sein und malte derselbe auf meine Auf
forderung hin die oben benannten drei Kreuze unter den
Wechsel. Seine Zahlungsfähigkeit scheint mir außer
Zweifel zu sein: er empfängt täglich größere Schiebes-
gabenpakete aus Deutschland.
van Termaelen
Erster Amtsvorsteher auf der Insel Wieringe*.
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Tragigrotesken der Nacht
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DER MAL
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Erscheint Januar 1920
Die III. Internationale
Gesammelte Dokumente ihrer Gründung
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„DER GEGNER“
Blätter zur Kritik der Zeit
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