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TJnid am 7. August erschien im Aufträge des Bun
desanwalts Stämyfli auf unserer Redaktion ein Herr
Jost, Polizeik ommissär, mit Begleitung und behauptete,
er hätte die „Freie Zeitung“ im Verdacht, an der Her
ausgabe der bekannten nachgeahmten „Frankfurter
Zeitung“ beteiligt zu sein. Er nahm ein umfassendes
Verhör vor, in dessen Verlauf die „Frankfurter Zei
tung“ immer mehr in den Hintergrund, uhd das Be
streben, den Namen des unter dem Pseudonym „Grac
chus“ schreibenden Mitarbeiters zu erfahren, in den
Vordergrund trat! Die Redaktion lehnte die Nennung
natürlich ab. Daraufhin wandte der Herr Polizei
kommissar sich an die Buchhalterin, erklärte ihr in
brutalem Tone unter Vorweisung eines Blancohlaft-
befehls des Bundesanwalts Stämpfli, er sei berechtigt,
hier jedermann sofort zu verhaften und den „Betrieb“
sofort zu schließen und verlangte die Herausgabe des
gesamten Adressenmaterials unserer Mitarbeiter, das
ihm angesichts der persönlichen Bedrohung mit Ver
haftung ausgehändigt wurde.
Hierauf wurde Haussuchung vorgenommen, in
deren Verlauf die Herren nach und nach immer
stiller und milder wurden, um sich schließlich unter
starker Verschwendung von Entschuldigungen und
Höflichkeiten zu empfehlen.
Von uns angestellte Ermittlungen bei den Behör
den ergaben ein überraschendes, ja unglaubliches Re
sultat. Man meinte zynisch, der Fall 'mit der „Frank
furter Zeitung“ sei ja nebensächlich, man habe ihn
nur benutzen wollen, um auf jeden Fall Einblick in
die Verhältnisse der „Freien Zeitung“ zu bekommen
und zu sehen, wer „hinter ihr“ stehe.
Die „Freie Zeitung“ hat ein gutes Gewissen. Hinter
ihr stehen politische Ideen, Ideale und Idealisten; und
wenn sie nicht alle Namen der bei ihr beteiligten Per
sonen preisgeben kann, so geschieht das aus Gründen,
die in jeder Beziehung ehrenhaft sind und deren Be
rechtigung in der politischen Unfreiheit Deutschlands
liegt. Wir wollen nicht, daß durch Indiskretion unsere
Mitarbeiter hier und auswärts der Grenze aufs
schwerste bedrängt werden können. Aber gegen eine