An Bedeutung stehen freilich die Tessiner an der Spitze. Schon
643 erscheinen die «Magistri Comacini» im Gesetzbuch des
Königs Rothari. Diese Künstler aus dem ehemaligen Gebiet
der Diözese Como bilden die älteste und zählebigste Bauschule
der Welt. Ihre Heimat sind die Dörfer um Lugano: Campione,
Bissone, Melide, Maroggia, Morcote, Carona, Gandria,
Arogno, Rovio. Schon im 11. Jahrhundert haben diese Meister
im Latium eine Art Filiale eingerichtet, in Viterbo, von wo aus
sie in Tuscania und Tarquinia Kirchen von fast düsterer Groß-
artigkeit errichteten. Fast an allen romanischen Domen Ober-
italiens sind Tessiner beschäftigt, oft leitend, oft als Bildhauer,
in Modena, Pavia, Parma, Verona, Ferrara. In der Toscana
finden wir sie vor allem als Bildhauer, in Pistoja, Lucca, Pisa.
Der großartige Benedetto Antelami in Parma ist einer aus ihrer
Reihe. Im Zeitalter der Gotik erstreckt sich ihre Tätigkeit von
Trient über Bergamo bis nach Mailand. Die Skaligergräber in
Verona und der Pontile des Domes von Modena sind herrliche
Zeugen ihrer bildnerischen Gestaltungsfreude.
Unzählbar werden die Arbeiten dieser Meister aus dem Luga-
nesischen mit dem Beginn der Renaissance. Wenn da ein Bild-
hauer im Venezianischen oder in den Marken gemeinhin Lom-
bardo heißt, ist es in acht von zehn Fällen einer der Meister
Solari in Carona. Cristoforo Solari meißelt das Grabmal des
Moro, das jetzt in der Certosa von Pavia steht. 1490 erbaut
Pietro Solari den dicksten Turm des Kreml. Phantastisch reich
ist die Tätigkeit der Solari in Venedig; die Miracolikirche, die
Prunkfassade der Scuola di San Marco, eine lange Reihe von
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