Volltext: Johann Heinrich Füssli

Pathos und Tragik überladenen Massen sich zu klären, die 
Formen sich zu strecken beginnen. Schon in die letzte 
römische Zeit, vor allem in die sonst stark Iyrisch bestimmte 
Zürcher Episode spielt mit mancherlei Ergebnissen das An- 
halten von Lavater um Zeichnungen für die „Physiognomik” 
herein.‘ London ist nach dem hellen Mittelmeer wieder der 
neblige Norden, mit Zauberdünsten und allerlei Bedrängung. 
Fühli nimmt, nach früherem Bemühen schon in Rom, Shake- 
speare wieder auf für eine Folge von Gemälden und für 
Zeichnungen zur Buchausgabe, und Milton, mit der Empörung 
von Satan, dem Walten von Sünde und Tod, mit kämpfenden 
Erzengeln und der verlorenen Seligkeit des ersten Menschen- 
paares; Homeros’ Helden auferstehen wieder und die wilden 
Nibelungen. Dem Greis werden Hand und Geist immer leich- 
ter und freier, Die Kompositionen und. Figuren des Achtzig- 
jährigen stehen jenseit aller Beschwerung durch Können und 
Wissen, in absoluter, einfachster Menschlichkeit. 
Was die größte Leinwand und die kleinste Skizze von Füßsli 
durchdringt und bindet, ist die „durchgehende Form”, die 
unmittelbare, wie selbsiversiängliche Prägung aus starker Vor- 
stellung. Auch Füßli ist „inwendig voller Figur”. Er zeichnet 
einen männlichen Akt mit weit gespreizten Schenkeln und 
jenem Muskelspiel, das er so gern aufwühlt, um es zu einem 
plastischen Kosmos zu übersteigern und zu ordnen, und später 
wird daraus Tell in der Hohlen Gasse in Landsknechtstracht, 
mit Armbrust und Barett. So ist wohl der Weg; nicht um- 
gekehrt; zuerst die Entzündung am Spiel der Form, dann 
ihre Einkleidung für einen außerkünstlerischen Zweck, der 
dem Künstler in seiner Art auch wichtig ist. Noch einmal darf 
man Schiller nennen, neben dem Füßhli vielleicht besser zu 
nennen ist als, wie es sonst geschieht, neben Goethe, mit 
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