Das „Motiv“.
Das Bildmotiv, das wir darstellen, ist nicht eine „hohe“
und ferne Idee, sondern es ist ein Nahes, es ist die un-
willkürliche innere Bewegung des tätigen Künstlers.
Es ist bald die verheißungsvolle Harmonie und bald
die zitternde Erwartung, bald die Heftigkeit, bald die
Sanftheit der Empfängnis, bald das Glück der Zuversicht,
bald die Macht der Gewissheit und vieles andere. An
seine unwillkürlichen innerenBewegungen darf der Künst-
ler mit Gewissheit glauben, sie sind die dämonische, die
innere Stimme, sie sind das Abbild des „Reiches Gottes“.
Wenn er diese Empfindungen, diese Bewegungen dar-
stellt, ist es wie ein Akt der Dankbarkeit und des Lobes
gegenüber ihnen, die, je mehr er ihnen zu gehorchen ver-
mag, umsomehr zum Gelingen führen.
Während der Künstler diese inneren Bewegungen als
Bildmotiv zu gestalten strebt, fühlt er, wie es sein son-
stiges Fremdkörperhaftes verliert, wie es sich immer
mehr den anderen gereinigten Elementen des Bildschaf-
fens nähert, bis er den Glauben ausspricht: es ist das Ein-
zige, das Reine, das Bildmotiv überhaupt.
Otto Meyer-Amden.
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