Volltext: Zweiter Jahrgang (2(1921))

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G. Kars »Stilleben mit Kaffeekanne, Gebäck u. Rosenstrauß« (Gern.) 
Georg Kars 
»Stilleben mit Rosenranke« <Gem.) 
Die Zwangswirtschaft für Papier stand 
in Wirklichkeit mit ihren Anordnungen 
als schöne Phrase auf dem Papier. Audi 
hier blühte der Schleichhandel genau so 
üppig, wie auf den andern Gebieten 
der Kriegswirtschaft. Der kapitalkräftige 
Verleger konnte Papier beziehen, soviel 
er wollte,- die Schmutz- und Schund- 
literatur wuchs und fast jede Woche 
wurde eine neue Zeitschrift gegründet. 
Es war für jeden, der die richtigen Wege 
zu gehen verstand, stets soviel Papier 
vorhanden, als er bezahlen wollte. Be- 
hindert in der Papierfrage war nur der 
kleine Verleger ohne Kapitalkraft und 
hauptsächlich der Kriegsteilnehmer, der 
1915 nicht produzieren konnte und da= 
her 1917 mit seinen Gesuchen abge- 
wiesen wurde, weil die Zuweisung dieses 
Jahres sich nach den Bezügen von 1915 
richtete. Von den großen Verlegern war 
der benachteiligt, der sich nicht rechtzeitig 
eingedeckt hatte und es nicht verstand, 
die Hintertüren zu öffnen. In den Kellern 
der geschäftstüchtigeren Verleger aber, 
und in den Lagerräumen der Papier- 
Schieber liegen heute noch Tausende von 
Zentnern besten Friedenspapiers. Von 
einer Papierknappheit für die Bücher- 
Produktion konnte also in Wirklichkeit 
nicht die Rede sein. 
Der Export nach den wenigen neu 
tralen Ländern war in den Jahren 1914 
bis 1918 minimal. Unmittelbar nach dem 
Waffenstillstand aber offenbarte sich der 
Hunger nach deutscher Geislesnahrung 
um so intensiver. Wie eine den Damm 
durchbrechende Sturzflut eroberte in 
kurzer Zeit das deutsche Buch in einem 
unerhörten Siegeszug zunächst die neu 
tralen Länder, rücksichtslos die Allein 
herrschaft des anderssprachlichen haupt 
sächlich französischen Buches brechend. 
Der deutsche Sortimenter konnte in ver 
hältnismäßig kurzer Zeit die Verluste 
der ersten Kriegsjahre wieder einbringen 
und durfte hoffen, sich sogar für die 
kommenden schweren Zeiten eine Re 
serve zu schaffen. Der Verlag arbeitete 
mit Hochdruck und die ersten Leipziger 
Messen nach dem Kriege zeigten Riesen 
absatzziffern. Schon glaubte der deutsche 
Sortimenter aus seiner sprichwörtlich ge 
wordenen Armseligkeit herauszukom 
men und eine standesgemäße Existenz 
möglichkeit zu erringen. Da kam der 
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