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Jahresbericht 1911 der Zürcher Kunstgesellschaft
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Von Ferdinand Hodler brachte die Novemberausstellung eine eindrucksvolle
neue Fassung der «Heiligen Stunde». Der Künstler anerbot sich, das Werk an Stelle der
Fassung von 1907 der Zürcher Kunstgesellschaft zu überlassen. Gleichzeitig sprach er
den Wunsch aus, an dem ältern Werke eine von jeher beabsichtigte Aenderung in der
Kopfhaltung der einen Figur vorzunehmen. So wurde gegen Ende des Jahre die «Heilige
Stunde» von 1907 im Hodlerkabinett vorläufig durch die neue Fassung 1911 ersetzt. Der
Entscheid für die eine oder andere Fassung zu dauerndem Besitz wird erst getroffen
werden können, wenn auch das frühere Bild mit der von Hodler vollzogenen Aenderung
wieder im Kunsthaus neben dem neuen Werk sich befinden wird.
Rückzug. Ein Oelgemälde «Bildnis von Prof. Julius Stadler» von Antonio Bar-
zaghi-Cattaneo, Kat.-Nr. 30, das im Jahre 1905 der Zürcher Kunstgesellschaft als Leih-
gabe überwiesen war, wurde vom Eigentümer zurückgezogen.
In der Aufstellung der Sammlung machte der starke Zuwachs vielfache Aen-
derungen notwendig; unter den Sälen des 2. Stockwerkes ist keiner, der nicht seit dem
Bezug des Kunsthauses sein Aussehen in wesentlichem geändert hätte. Jedes neu einzu-
reihende Werk bringt die Notwendigkeit einer Neueinrichtung des ganzen Raumes, oder doch
einzelner Wände. Damit verbindet sich der Vorteil, dass für die einzelnen Werke immer
wieder Gelegenheit entsteht, an neuem Orte und in neuer Beleuchtung zu neuer Geltung
zu gelangen. Immerhin ist durch die bisherige Entwicklung das mit der ersten Einrich-
tung geschaffene Gleichgewicht bereits in einer Weise gestört und verwischt worden,
dass bei künftigen grösseren Erwerbungen eine neue Ordnung der ganzen Sammlung
eine der nächsten Aufgaben werden wird. Eine Anzahl der umfangreicheren Gemälde
sind zu Beginn des Jahres an den Wänden der unteren und oberen Halle, zum Teil
in entsprechend geänderter Rahmung, aufgestellt worden.
In den Sälen A B und C und an allen nach der Fertigstellung des Kataloges ein-
gereihten Bildern sind Schrifttäfelchen mit der Katalognummer und dem Namen
des Urhebers des einzelnen Werkes auf den Rahmen angebracht worden. Sie ersetzen
die störenden, allzu grossen Nummerntäfelchen, die bisher neben den Werken an die
Wand geheftet wurden, und kommen mit der vollen Angabe des Künstlernamens den
Wünschen der Besucher entgegen. Die Notwendigkeit, die einzelnen Täfelchen in Farbe,
Grösse und Material genau dem einzelnen Rahmen anzupassen, schliesst die massenhafte,
billige Herstellung aus. Die damit verbundenen Ausgaben werden leider noch empfindlicher
durch den Ausfall im Verkauf des Kataloges, der viel weniger begehrt ist, seit ein
grosser Teil der Werke mit dem Künstlernamen bezeichnet ist. Die Ende 1910 ausge-
gebene 3. Auflage von 10,000 Explaren ist gegenwärtig noch etwa zur Hälfte vorhanden.
Die Ansichtskarten nach Werken der Sammlung finden stetig guten Absatz. Die
steigende Nachfrage nach Photographien, der nur in einem Teil der Fälle entsprochen
werden kann, lässt den Ausbau der Negativsammlung, und die Vorbereitung eines
kleinen Lagers von Photographien zum Verkauf empfehlenswert erscheinen.
Die Sammlung von photographischen und andern guten Reproduktionen, die mit der
Zeit zu einem immer vollständigern Illustrationsmaterial des Zürcherischen Aussteller-
und Schweizerischen Künstler-Kataloges sich auswachsen soll, hat einen Bestand von 300
Blättern erreicht.
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