Leibl, «Zwei Frauen in der Kirche», 1878. Angesichts der Tatsache, dass
gute Bilder Leibls sehr selten auf den Markt kommen, darf es als Glücks-
fall bezeichnet werden, dass das Kunsthaus die erste Fassung eines der
bedeutendsten Bildes von Leibl für Zürich erwerben konnte. Es handelt
sich um eine Studie zu dem 1881 entstandenen Gemälde « Drei Frauen
in der Kirche», das heute in der Kunsthalle Hamburg ist. Das drei Jahre
früher entstandene Zürcher Bild darf angesichts seiner malerischen Quali-
täten als eigenständiges Werk des Künstlers betrachtet werden, was sich
auch darin ausdrückt, dass er es signiert und datiert hat. In seiner Spon-
taneität, die den Reiz der ersten Erfindung fast wie in einer Handzeich-
nung offenbart, zeigt sich die hohe malerische Fähigkeit des Künstlers,
die an gleichzeitige französische Werke — etwa ähnlich angelegte Werke
Manets — erinnert. Das Bild ist für unsere Sammlung auch deswegen sehr
wichtig, weil dadurch unsere nicht sehr grosse Gruppe von Werken der
deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts einen qualitätvollen Mittelpunkt
erhält. Wir haben denn auch das Werk, freilich in einer provisorischen
Hängung, in Verbindung mit Bildern von Menzel, Thoma, Hans v. Marees,
Anselm Feuerbach, aber auch Buchser und Stauffer gebracht.
Im Kapitel über die Sammlung enthält jeder Jahresbericht eine Liste der
Werke unserer Sammlung, welche im Laufe des Jahres von unseren Re-
stauratoren betreut wurden. Auch wenn man bedenkt, dass Restauratoren-
arbeit geduldige und konzentrierte Feinarbeit bedeutet, gibt eine der-
artige Aufstellung keinen richtigen Begriff von der verantwortungsvollen
Tätigkeit der Restauratoren. Ihnen obliegt nicht nur die Aufgabe, wie
Ärzte dauernd alle Patienten — nicht nur die in den Listen aufgeführten
Werke — zu betreuen; es obliegt ihnen auch, für das Wohl aller ihrer
Schützlinge zu sorgen, sie dauernd zu beobachten und, wenn es nötig ist,
prophylaktisch zu wirken, die Museumsleitung im Interesse besserer kli-
matischer Bedingungen zu beraten und zu ermahnen. Zu ihren beson-
deren Sorgen gehören die vielen Bilder und Plastiken, die an Ausstellun-