Zürich tätigen Künstlern dieser Richtung sowie deren
künstlerischen Wurzeln erste Priorität zukommen zu las-
sen, ist es besonders erfreulich, dass gerade bezüglich der
Stijl-Bewegung, d. h. dem geistigen Fundament der «Zür-
cher Konkreten», wesentliche Neueingänge zu verzeichnen
sind. Als ein Werk der ersten Stunde ist das dreidimensio-
nale Objekt, 1916/17, von Vilmos Huszar zu bezeichnen,
das uns Herr und Frau Rolf und Margit Weinberg ge-
schenkt haben. Besonders bedeutungsvoll erscheint uns,
dass dieses Objekt, das den Schriftzug «de Stijl» künstle-
risch umsetzt, ganz ähnlich wie der gleichzeitige, vor
wenigen Jahren erworbene Entwurf für ein Fenster von
Theo von Doesburg, die Wichtigkeit anzeigt, die innerhalb
dieser holländischen Pioniergruppe der Gestaltung der
Umwelt von Anfang an beigemessen wurde.
Nun war anerkanntermassen das überragende Genie dieser
Gruppe Piet Mondrian, von dem das Kunsthaus seit 1956
ein einziges, jedoch hervorragendes Hauptwerk besass.
Dass nun im Jubiläums-Jahr ein zweites Bild von grosser
Strahlkraft dieses Künstlers in die Sammlung gekommen
ist, danken wir Herrn Prof. Alfred Roth. «Komposition in
Rot, Blau und Gelb», 1930 entstanden, ist das unbestrittene
Hauptwerk der Sammlung dieses international bekannten
Architekten, der uns insgesamt 15 Bilder und Arbeiten auf
Papier geschenkt hat. Der grössere Teil dieser Werke ist der
geometrischen Kunst zuzuordnen; erwähnt sei in diesem
Zusammenhang insbesondere die «Komposition» 1921 von
Willi Baumeister. Aber auch aus dem Bereich gegenständ-
lich-organischer Formgebung ist hochwillkommener Zu-
wachs zu verzeichnen wie etwa zwei Pastellbilder: Henry
van de Veldes «Zwei Frauen bei der Feldarbeit», 1890, und
Adolf Hoelzels «Komposition in Grün», 1913. (Der Schenk-
geber hat sich das Recht der Nutzniessung an der Schen-
kung ausbedungen.)
Ein weiteres Geschenk der konstruktiven Richtung hat uns
die «Zürich»-Versicherungs-Gesellschaft zukommen las-
sen. Friedrich Vordemberge-Gildewarts «Komposition
No. 115», 1939/40 entstanden, gesellt sich zur «Komposi-
:jon No. 7», 1924, und deckt neben diesem strengen Früh-
werk die späteren, oft auf zarten Farbklängen basierenden
malerischen Recherchen dieses Künstlers auf.
Um ein «Quadratbild» handelt es sich auch bei einem
Geschenk von Herrn und Frau Erna und Curt Burgauer:
Paul Klees «Buntes Beet» von 1923 folgt jedoch einer der-
art freien Flächenrhythmisierung, die die Prinzipien kon-
struktiven Gestaltens eindeutig überschreitet. Das Bild
kommt in unserer Klee-Sammlung in unmittelbare Nähe
zu dem strenger gebauten, späten Hauptwerk «Über-
schach» und wirkt somit wie ein Versprechen zukünftiger
Erfahrungen. Auch Frau Dr. J. Guggenheim-Strauss hat uns
ein Werk von Paul Klee geschenkt: «Sandbank», 1939,
und damit in unserer nach wie vor nicht allzu umfang-
reichen Klee-Werkgruppe einen weiteren hochwillkomme-
nen Akzent gesetzt.
Mit Arbeiten auf Papier war bislang August Macke nicht
vertreten. Indem Frau Dr. Guggenheim uns zwei Zeich-
nungen dieses Künstlers geschenkt hat, trägt sie wesentlich
dazu bei, dass dessen einziges, jedoch wichtiges Ölgemälde
in unserer Sammlung (Wald mit Eichhörnchen, 1913/14)
weniger isoliert dasteht.
Auch die Werkgruppe von Joan Mirö —- vor 1987 drei Bil-
der, ein Aquarell und die grosse Keramikwand umfassend -
wurde durch zwei Geschenke bereichert. In beiden Fällen
handelt es sich um dreidimensionale Werke. Überaus selten
sind die Objekt-Assemblagen, mit denen sich der Künstler
um 1930 nach einer sogenannten «Krise der Malerei» neue
Wege der Gestaltung erschlossen hat. «Peinture objet», 1931,
nochmals ein Geschenk von Herrn und Frau Burgauer,
zeigt in der Verbindung von Malerei und integrierten Fund-
gegenständen dieses Suchen nach neuen Ausdrucks-
möglichkeiten in ebenso konsequenter wie auch charman-
ter Weise. Erst nach dem Kriege wendet sich Mirö erneut
plastischem Gestalten zu, wobei in dieser zweiten Phase der
zebrannte Ton zum bevorzugten Werkmaterial wird.
Höhepunkt des keramischen Schaffens bilden die mittle-
ren 50er Jahre. Aus dieser Zeit stammt «Grand Person-
nage», eine bemalte Keramik voll drängender plastischer
Kraft, ein urtümlicher Kobold, heiter und drohend zu-
gleich. Gerade diese Ambivalenz von Ernst und Heiterkeit
durchzieht Mirös Schaffen über die Jahrzehnte hinweg und
erfährt in der von Herrn Gustav Zumsteg geschenkten
Plastik eine eindrückliche Konzentration.