halben Jahrtausend das Publikum in der Apperzeption und
Verarbeitung von Kunsteindrücken wahrscheinlich geübter
und rascher geworden ist als anderswo, zugleich vielleicht
auch satter. In Zürich ist der durchschnittliche Kunstfreund
robust und hungrig. Er ist auch für gelockerte Rationierung
empftänglich und hat sich kürzlich in die paar Bilderbücher
der Hiroshige-Ausstellung naiv und freudig versenkt, ohne
ob ihren vielen Blättern zu erschrecken.
Auch die jetzige Ausstellung ist wieder kein Cinebreft. Sie
ist die große Zürcher Sommer-Ausstellung, nicht einzig
kurzes Rendez-vous Für die Zürcher Habitues, sondern
hoffentlich weiter, nahrhaftter Weidegrund für Künstler,
Forscher, Kenner, wie für das ganze Volk, das zu den Aus-
stellungen wie zur Sammlung im Kunsthaus Sonntag für
Sonntag mit Ernst und Würde sich einstellt und gerade in
einer reichen Ausstellung hinter dem Reiz des Einzel-
werkes auch die Zusammenhänge ahnt und spürt, die über
alle Zeiten und Weiten hinveg von Werk zu Werk, von der
Kunst zum Menschen, von Mensch zu Mensch bestehen.
Ausschließlich ist bei der Zusammensetzung der Ausstel-
lung das Kunsthaus doch nicht nur dem Gedanken an die
Erwartungen der Besucher gefolgt. Die Mischung von Tei-
len des eigenen Sammlungsbesitzes mit den Beiträgen aus
Zürcher Privatbesitz ist ungewohnt und scheint da und dort
zu überraschen. Wenn aber von gewissen Völkern erzählt
wird, daß sie in Wildherden einige ihrer hauszahmen Tiere
eindringen lassen und diese dann die neuen Gefährten
ihnen in Massen zuführen, und wenn bei den Veranstaltern
der Ausstellung im unbewachten Unterbewußtsein die Er-
innerung daran einmal aufgeblitzt sein sollte, so dürfen die
großmütigen und vertrauensvollen Leihgeber versichert
sein: Man ist im Kunsthaus überglücklich, daß ihre kost-
baren Beiträge für die befristete Spanne von zwei Monaten
dem Kunsthaus und seinem bescheidenen Besitz ihren Glanz
leihen, und nach Ablauf der Frist werden die Gäste alle
sicher und wohlbehalten, verschönt nur von ihrem Erfolg,
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