Nach dem Tode ihres Vaters im Jahre 1896, in dem Streben, sich zu
veryollkommnen, verließ Marianne von Werefkin Rußland und siedelte
nach München über, wo sie bald zum Mittelpunkt eines Kreises russischer
Maler wurde. Bechtejef, Grabar, Genin, Jawlensky, Kandinsky, Kar-
dowsky, Salzmann und manche andere fanden bei ihr Anregung und Rat.
In dieser Zeit beginnt eine Wandlung in der Kunst von Marianne. Sie
verläßt Oelfarben und geht zu Tempera, Pastell und Aquarell über und
die genaue Wiedergabe der Natur weicht nun ganz der Gewalt der
Phantasie.
Längere Zeit hält sie sich in Frankreich auf und am Anfang des Welt-
krieges verläßt Marianne von Werefkin Deutschland und zieht in die
Schweiz, zunächst nach Saint-Prex und dann 1917 nach Ascona. Sie fand
hier ihre neue geliebte Heimat.
Im Nachlaß von Marianne von Werefkin findet sich folgende auto-
biographische Aufzeichnung.
«Ich habe keine regelrechte künstlerische Ausbildung gehabt. Habe
gelernt überall bei allen Lehrern, Mitschülern und alten Meistern. Alles
hing von dem Wohnsitz meiner Familie ab. Mit meinen Lehrern war ich
immer im Streit, lernte aber von jedem etwas.
Mein erster ganz autodidaktischer Versuch war, als ich, 14 Jahre alt,
Scharlachfieber hatte. Meine Mutter fand im halbdunklen Zimmer meine
«petits bonshommes», war entgeistert über die schlechte Bewachung durch
die Gouvernante und begeistert über das Produkt. Das war in Wilna.
Ich bekam sofort einen Lehrer, dann gingen wir auf das Land. Zu mir
wurde für zwei Jahre eine akademische Zeichenlehrerin angestellt; dann
gingen wir nach Lublin (Polen). Hier hatte ich zwei polnische Lehrer
und endlich einen guten: — Heinemann — in Warschau. Bei ihm malte
ich Porträts.
1883 studierte ich in Moskau bei Prianischnikof, malte Porträts, zeich-
nete Akt nach Gips, machte enorme Fortschritte.
1386 wurde mein Vater zum Kommandanten der Peter- und Pauls-
Festung in Petersburg ernannt. Der große Realist Ilja Repin begeisterte
sich riesig für meine Sachen und war zehn Jahre mein Lehrer. Ich bewun-
derte ihn sehr, aber einig waren wir nie. Ich wurde damals der russische
Rembrandt genannt, stellte aus in der bekannten Wanderausstellung —