Bei den Buchillustrationen ist ein weiter Weg von den sanften
Vignetten zu Buchon bis zu den antiklerikalen Schmähschriften „Les
Cures en goguette“ und „La Mort de Jeannot“, die 1868 zur Sonder-
ausstellung in Gent erscheinen. „La Mort de Jeannot“ ist die wahre
Geschichte von einem ungarischen Militärchirurgen von 1814, der,
blindgeschossen, in einem Landmädchen seine Pflegerin und Ge-
fährtin findet und mit ihr als Rattengiftverkäufer sein Leben fristet,
damit nach seinem Tode die gute Jeanette durch einen schlimmen
Priester ausgeplündert wird. Mit seinen Illustrationen beweist Cour-
bet, daß er zeichnen kann, nicht daß er muß, und die Kritik an der
Gesellschaft besorgt sein Freund Daumier besser und gründlicher als
er. Mit Zeichnen, um zu zeichnen, verweilt er sich nach den ersten
Jahren in Paris kaum mehr. Er malt gelegentlich noch ein Bild mit
dem Stift oder notiert statt in Worten in Linien einen Bildgedanken;
stets mit der Meisterschaft des Malers, der er ist.
Der Maler Courbet tritt in Paris nach zweijähriger Vorbereitung
mit Werken als Jüngling aus dem Dunkel, die in ihrer Art schon
Meisterwerke sind. Was ihnen vorausgegangen ist, und wie er seinen
Weg gefunden hat, läßt sich nur aus späteren Katalogen und ver-
streuten Hinweisen zusammensuchen. Da erscheinen Titel wie: Mönch
in Kreuzgang, „Odaliske‘“ nach Victor Hugo, „Lelia‘“ nach George
Sand, l’Homme delivre de ’amour par la mort, Walpurgisnacht nach
„Faust“ von Goethe, „Verzweiflung“ Selbstbildnis, Mädchenkopf
„Pastiche florentin‘“, Phantasielandschaft „Imite€ des Flamands“‘,
Selbstbildnis „Pastiche des Venitiens‘“, Loth und seine Töchter, ein
Jäger auf der Lauer „paysage d’atelier‘“, Landschaften aus dem Wald
von Fontainebleau, Bildnisse der Schwestern. Es sieht aus, wie wenn
er sich in allem versuche, was vor ihm gemalt worden ist und was
er um sich her malen sieht. Nach 1844 folgen ein romantischer
Guitarrero, Damenbrettspieler, weitere männliche und weibliche
Bildnisse, Selbstbildnisse in verschiedener Pose und Verkleidung,
Landschaften „Morgen“, „Mittag“, „Abend“; bis er, scheinbar in
einem Schlag, Pariser Atelierluft und -mode überwunden hat im
„Abendsitz von Ornans“‘“: vier Männer in einem breiten, dimmerigen
Raum, Freund Promayet die Geige spielend, am Tisch Courbet selbst
24