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sicht und Bedeutung dieser Kunst nicht in dem leicht
Spielerischen, das wir in ihr vornehmlich zu finden glau
ben. Wir beziehen sie allzusehr auf uns, dabei hat sie
aber nie daran gedacht, uns zu gefallen. Sie ist Aeusserung
eines starken Volkes, das in eigenen künstlerischen und
sittlichen Gesetzen sich selbst genügt und gesund und
kräftig lebt; für das Europa gar nicht existiert. In der
Zeit, da die japanischen Künstler an Europa zu denken
beginnen, verliert die japanische Kunst sich selbst, ent
artet sie. Ihre ganze Schönheit, das heisst ihre Wahrheit,
kann auch uns sich nur eröffnen, wenn wir vor ihr vor
erst auch an uns nicht denken. Allzugross ist sonst die
Gefahr, dass wir zufällige äussere Assonanzen an unsere
Sprache bei ganz verschiedener Bedeutung nach unserer
Art interpretieren und in den Einzelheiten schon das
Ganze missverstehen. Immer wieder verlocken falsche
Analogien, wo hinter scheinbar ähnlicher Oberfläche die
grellsten und grausamsten Gegensätze im Begriff und in
den Dingen stehen. Für das Japan der Geishas und der
grünen Häuser trauen wir uns Verständnis zu; die Ele
mente, die uns als Europäern dafür zu Gebote stehen,
können aber am Wesen und Sinn der japanischen Einrich
tung nur vorbeiführen; weniger zuversichtlich stellen wir
uns zum Japan der Samurai und des Harakiri. Die japa
nische Kultur ist aber einheitlich und in sich sicher, und
die japanische Kunst blüht nur aus ihr. So wäre es richtig,
dass wir die Anteilnahme, die wir der japanischen Kunst
gewähren, weil sie beim ersten Anblick in manchen Zügen
uns entgegenzukommen scheint, einmal dem japanischen
Wesen um seiner selbst und damit erst auch um der
Kunst willen widmen würden.
Eine europäische und bloss ästhetische oder gar ästhetisie-