Ä ußerer Anlaß zur Veranstaltung einer Ausstellung von Ge-
„ mälden und Skulpturen des XV. und beginnenden XVI.
J ahrhunderts aus der Schweiz und den angrenzenden Gebieten war
die Räumung eines großen Teils der Sammlungssäle im Zürcher
Kunsthaus zugunsten der großen Hodlerausstellung in Bern. Die
innere Bereitschaft war längst vorhanden, der Gedanke zur Ver
wirklichung reif.
Verhältnismäßig wenigen bekannt und von wenigen beachtet,
aber von der Wissenschaft längst auf gespürt, registriert und ge
sichtet, soweit es die Umstände erlaubten, finden sich in kleineren
Kunstmuseen und zahlreichen Altertümersammlungen der Schweiz
die künstlerischen Dokumente einer Zeit verstreut, die nach ihrer
politischen und sozialen Geschichte in festumrissenem Bilde vor
uns steht. Wie wir uns vor dieser in erster Uinie des Gegensätz
lichen zu unserer Gegenwart bewußt sind, so sind wir auch gegen
über ihren künstlerischen Äußerungen geneigt, uns vor allem der
Empfindung für das Andersartige zu überlassen, für das Merk
würdige, das wir gern als naiv und rückständig notieren; wir unter
werfen uns fast ohne Widerstand dem Eindruck der äußeren Distanz.
Heute erhebt sich darüber hinweg aber die Frage nach der innem
Verwandtschaft, und die Hoffnung, sie bestätigt zu finden.
Wenn es gelang, einmal die ansehnlichen Bestände des Schwei
zerischen Eandesmuseums, die vereinzelten Werke in den Samm
lungen zu St. Gallen, Frauenfeld, Schaff hausen, Solothurn, Biel,
Neuenburg, Freiburg, Genf, Sitten und im schweizerischen Privat
besitz nicht nach dem Altertumswert, sondern wie Kunstwerke
irgendeiner Zeit, nach ihrer absoluten Intensität zu sichten und die
Auswahl nach dem Zusammenklang der künstlerischen, innern Be
schaffenheit nicht in erster Einie nach chronologischen und geogra
phischen Rücksichten zu gruppieren, wenn Institute wie das Basler
Museum und ausländische Sammlungen sich dazu bestimmen
ließen, aus ihrem Überfluß das beizusteuern, was nicht so sehr
nach der herkömmlichen Wertung als gerade im Rahmen einer so
gedachten Ausstellung als bedeutend und unentbehrlich gelten