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Von Gottes- und Menschenrechten.
Die großen, immer und ewigen Gewissensdokumente des Mittel
alters aber behandeln sie, als seien das nur so Alfanzereien und
abergläubische Grillen gewesen.
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Hegel und seinen Nachfolgern (Bauer, Strauß, Marx) gegen
über möchte es geboten und erlaubt sein, das Prinzip des Selbst
bewußtseins in der Geschichte durch das Prinzip der Selbst
erkenntnis zu ersetzen. Die Geschichte als ein dialektischer Pro
zeß, der sich unabhängig vom Willen des Menschen abspielt',
läßt ohnehin für das Selbstbewußtsein nicht viel Raum. Durch
brochen aber wird dieser Prozeß nicht vom Selbst bewußt sein
— das ist ein erkenntnistheoretischer Denkfehler —, sondern von
der Selbstkritik.
IV. Der Fortschritt' des Liberalismus ist nichts anderes als die
sinistre Auswirkung der häretischen Prinzipien der Reformation.
Dieser Fortschritt, die vielleicht größte Täuschung, der Europa
überhaupt unterlegen ist, erstrebt die universale Beseitigung von
Gesetz und Gewissen, und dort ist er, gerade in Deutschland, auch
bereits angekommen. Der Fortschritt ist der Versuch einer Recht
fertigung der reformatorischen Revolte. ,Nur die Schärfung des
moralischen Sinnes,' sagt D’Aurevilly in seinem Buche über De
Maistre und Bonald, ,kann man Fortschritt nennen; darin ist
alles beschlossen. Nur die moralische Vollendung, der man mit
Anstrengung näherkommt, die man aber niemals erreicht, ver
dient diesen Namen ... und dieser Fortschritt wird für die Völker
in dem Maße bestehen, als das Individuum heiliger wird, wie
die Kirche sagt, denn der Fortschritt besteht nicht außerhalb
des Gewissens eines jeden Menschen ..'