hauers an der plastischen Form. Bei seinem ersten
Aufenthalt in Paris 1926 zeichnet Fischer in dem von
ihm häufig besuchten Künstlercafe «Rotonde»
seine dort verkehrenden Freunde und Bekannten:
«Pole», «Russin», «Deutscher». Er erfasst die
Physiognomien der einzelnen mit einem fast
karikierenden Zugriff und mit einem Sinn für das
charakteristische Detail der verschiedenen
Nationalitäten. An den drei Studien der « Netz-
flickerin» von 1926 zeigt sich bereits Fischers
Interesse für typische Bewegungshaltungen, wie
sie In seinen späteren Reliefs zu bestimmenden
Gestaltungsmitteln werden.
Die zweite Zeichnungsgruppe aus der späteren
Schaffenszeit enthält vor allem Zeichnungsreihen
zu Fischers Hauptthemen: « Rennende», «Föhn»,
«Aufruhr», «Unruhe». Nach einem längeren, haupt:
sächlich durch den Krieg bedingten Unterbruch
hatte sich der Stil des Bildhauers gewandelt. Im
«Redner» von 1954 zum Beispiel, der seinen
Figurenstil der fünfziger Jahre repräsentiert,
«presst Franz Fischer das Figurvolumen weit-
gehend in eine frontale Schichtebene und spreizt es
zugleich seitlich auf, womit er die organische
Form grundsätzlich und ausdrücklich preisgibt und
die Figur wesentlich als Expressivgestalt ergreift! ».
Die Tendenz zur reliefartigen Gestaltung der Voll-
figur verstärkt sich im Laufe der Jahre und führt
dazu, dass sich Franz Fischer fast ausschliesslich
dem Relief zuwendet. Er bildet dabei einen ganz
eigenen Reliefstil aus. Das Relief nimmt ganz
allgemein eine Mittelstelluhg zwischen Plastik und
Malerei ein. Da unsere späten Zeichnungen in
direkter Korrespondenz zu den Reliefs zu sehen
sind, soll im folgenden anhand der Zeichnung
«Unruhe I» etwas näher darauf eingegangen
werden.
Das Blatt «Unruhe I» (Abbildung 20) stellt eine
rennende, in Aufruhr begriffene Menschengruppe
dar. Den Zeichner hat dabei nicht die einzelne
Figur interessiert, sondern die Menschenmasse, die
Masse In Bewegung. Auf der rechten Seite ballt sie
sich zusammen; ihr Übereinanderstaffeln verstärkt
den Eindruck von Dramatik, die in den erhobenen
Armen der obersten Figur kulminiert. Nach links
löst sich die Gruppe allmählich auf. Den Übergang
Dlldet die Zweiergruppe in der Mitte, die durch
die beiden ausgesprochenen Zäsuren rechts und .
links von Ihr in ihrer Bedeutung herausgehoben ist.
Die Körperdrehung der genau im Mittelpunkt der
Zeichnung befindlichen rechten Figur vermittelt
zwischen den beiden Hauptgruppen, indem sie
einerseits nach rechts zurückweist, andererseits nach
links fortschreitet, um die Verbindung mit der
vorderen Gruppe wieder herzustellen. Der Eindruck
des Bewegten und flüchtig Vorübergehenden der
Szene entsteht dadurch, dass das Geschehen nach
beiden Seiten über den Bildrand weiterzugehen
scheint: von rechts her stürzen die Menschen
herbei, und man stellt sich vor, dass noch viele auf
diesem Weg folgen; nach links gehen sie nach und
nach ab. Der Ausdruck der Bühnensprache kommt
einem nicht von ungefähr in den Sinn: die Men-
schen agieren wie Statisten, sie bewegen sich wie
unter einem fremden Willen.
Die Menschenmasse, der anonyme Mensch in der
Masse beschäftigt Franz Fischer seit den sechziger
Jahren in zunehmendem Masse. In Zeichnungen
und Bronzereliefs gestaltet er das Thema unter
verschiedenen Aspekten. Es beginnt mit den
«Zuschauern» von 1959/60 und den « Flücht-
lingen» von 1960. Die Figuren sind dort noch in.
ein strenges Gerüst von Horizontalen und Vertikalen
eingespannt. Unsere Zeichnung « Föhn — Men-
schen im Wind» von 1973, die daran anschliesst,
lockert die strenge Staffelung und kündigt die freie
Streuung der Menschengruppen über die Fläche an.
die In «Rennende» und « Unruhe» bildbestimmend
wird. Andere Zeichnungen heissen: « Unrast»,
«Aufruhr», « Föhn». Sie alle weisen auf das eine
arundthema hin. Nach Fischers eigenen Worten
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