Volltext: Jahresbericht 1977 (1977)

Phase des farblich organisierten Horizontalablaufs 
standardisierter vertikaler Farbbänder garantierte je- 
doch nur das progressive Gesetz der linearen 
«Endlos»- Reihe in einer Richtung. Eine neue anonyme 
Dimension ist das Resultat dieser Operation, die 
keine Beziehung mehr zum elementaren Raum des 
frühen Konstruktivismus aufweist. 
Die Gewinnung dieser Dimension wurde Vorausset- 
zung zu weiteren Untersuchungen der Beziehung 
zwischen Element und Plan. Es war offenbar, dass das 
mobile Standardelement wieder nur im Verband, 
als Element einer Gruppe, entwicklungsfähig ist. 
Trotz Anonymität der Struktur, Standardisierung 
der Mittel und deren Zusammenfassung zu Gruppen 
bleibt der Einbezug der Farbe als ungelöstes Pro- 
blem offen. 
Typisch für die Periode der durch mobile Standard- 
elemente gebildeten Vertikalordnungen der 
frühen vierziger Jahre war die geringe Kennzeichnung 
durch Farbe. Ablauf und Rhythmik wurden we- 
sentlich durch Anzahl, Grösse, Lage und Zwischen- 
räume von Elementen und Gruppen bestimmt, 
die Intervallisierung der richtungsbestimmenden Ver- 
tikalen liessen eine systematische Strukturierung 
durch die Farbe als unnötig erscheinen. 
Wohl führte die Analyse der vorangegangenen Arbei- 
ten dazu, dem Standardelement durch Vervielfachung 
eine gruppenbildende Funktion zuzuweisen, aber die 
Frage blieb unbeantwortet, in welcher Weise die 
Zahl der Elemente einer Gruppe mit der Zahl der Far- 
ben zu identifizieren sei. Durch Vervielfachung 
gewonnene Aktionsfreiheit ergab nach wie vor kom- 
positionelle Resultate mit individuellen Entschei- 
dungen. Unverändert blieb die Diskrepanz zwischen 
den genormten Elementen und der unorganisierten 
Fläche. Weder die Differenzierung der Elemente durch 
die Farbgebung noch die Einsetzung von Zahlen- 
reihen oder die Intervallisierung hoben den Wider- 
spruch zwischen Element, Gruppe und Plan auf. 
Die Ordnung wird nach wie vor durch willkürliche 
Eingriffe bestimmt. 
Ebenso bildet der Vertikalcharakter der mobilen 
Standards eine entscheidende Hemmung In der Or 
ganisation der Gesamtfläche. Im Laufe der Unter- 
suchungen wird das horizontal geführte rhythmische 
Gestaltungsprinzip In ein solches der Vertikal- 
Intervallisierung übergeleitet. Die Horizontalrhythmik 
wird In einer nächsten Phase mit derjenigen der 
Vertikalität verbunden und damit die erste Vorausset 
zung zum Strukturfeld geschaffen. 
Die Ausschaltung kompositioneller Aspekte führte 
vorerst zu Hemmungen im Ablauf des Schaffens- 
prozesses. Erforderlich war, die Intuition auf eine län- 
gere Zeitdauer zu kristallisieren und mit der 
angestrebten Methode In eine Verbindung zu bringen. 
Das erkannte Bildgesetz diktierte der Spontaneität 
Richtung und Ablauf. Die Laborarbeit trat an die Stelle 
der spontanen Aktion. 
Durch die Bildung gleicher Standards und deren 
Zusammenfassung zu Gruppen entsteht ein veränder 
ter Begriff der Thematik: die Gruppe übernimmt 
die Funktion des Einzelelements, die Gruppenthema 
tik entsteht. Trotz dieses wichtigen Schrittes, der 
mit der neuen thematischen Reihung die Tektonik des 
frühen Konstruktivismus ablöst, bleibt die Auf- 
gabe, die Beziehungen zwischen Element, Gruppe 
und Fläche grundsätzlich zu überdenken. Immer 
noch ist die Bildfläche der Plan, auf dem die Gruppe 
kompositorisch angeordnet wird, d.h. es bleibt 
ein relativ grosses Mass an iIrrationalen Möglichkeiter 
bestehen. Ohne Zweifel bedeuten die gleich- 
zeitig erfolgten analytischen und synthetischen 
Methoden eine kunstgeschichtlich wichtige 
Etappe zur Systematisierung der Struktur und zur 
Ablösung von der primär ästhetisierenden Tektonik 
des vorangegangenen Konstruktivismus. 
Mm
	        
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