Beispiel die Leute, die ich getroffen habe, zu zeichnen.
Beim Malen bin ich aber ganz verloren, ich verliere die
Sicherheit. Dann berühre ich die Leinwand und beginne
langsam den Boden zu gewinnen, durch die Berührung.»
Es ist also dieser haptische Prozess im Malakt, der zugleich
die eigenen Körpersignale auf die Leinwand vermittelt und
den Kontakt zum Anderen herstellt. Dieser Wille, das Bild
selbst als etwas Lebendiges zu gestalten, vermittelt sich in
der Berührung im Winter bis in den Bildtitel hinein. Nicht
die Geometrie der Berührung, wie Disler ein 1984 entstan-
denes, noch zeichnerischer und «motivnaher» vorgehendes
Ölbild genannt hat, ist hier «Bild» geworden, sondern jene
«Berührung», von der Disler spricht, selbst. In diesem Sinn
ist die Berührung im Winter, die Malakt, «Motiv» und Rezep-
tion gleichermassen miteinschliesst, tatsächlich als Schlüs-
selbild zu betrachten.
Ton Stooss
Am 3. Februar 1987 erhielt Martin Disler den von der Zürcher Kunst-
gesellschaft verliehenen Preis für Junge Schweizer Kunst in der Höhe von
Fr. 20 000.- verliehen. Die in der Regel mit diesem Preis verbundene
Einzelausstellung des jeweiligen Kunstschaffenden in den Erdgeschoss-
räumen des Kunsthauses wurde mit Werken von Martin Disler vom
9. Januar bis 6. März 1988 veranstaltet.
2 Martin Disler, Bilder vom Maler. AQ-Verlag, Dudweiler 1980.
FELIX DROESES «FARBIGE BLÄTTER»
Die Neuerwerbungen der Graphischen Sammlung und
auch die Geschenke, die wir dieses Jahr entgegennehmen
durften, stehen zum grossen Teil in engem Zusammen:
hang mit den im Graphischen Kabinett veranstalteten
Ausstellungen. So haben wir beispielsweise ein repräsenta-
tives Aquarell von Nicola De Marıa aus seiner Ausstellung
«PAROLE CINESI» auswählen können, oder wir haben
von Ilona Ruegg aus der im Rahmen von «Stiller Nach:
mittag. Aspekte Junger Schweizer Kunst» gezeigten Werk
gruppe sechs Zeichnungen angekauft und eine von ih!
geschenkt bekommen. Von dem jungen Düsseldorfer Felix
Droese erwarben wir aus seiner Ausstellung «Farbige
Blätter (die von mir abgefallen)» die mit 13 Werken um:
fangreichste Gruppe, die der Künstler mit einem Geschenk
von sechs weiteren Zeichnungen ergänzte.!
Der 1950 in Singen/Hohentwiel geborene Felix Droese ist
zum ersten Mal mit seinen monumentalen Papierschnitten
auf der Westkunst-Ausstellung ın Köln 1981 und deı
Kasseler Documenta von 1982 aufgefallen. Erst späte!
wandte er sich der Malerei und der Skulptur zu, die er auch
auf der kommenden Biennale von Venedig im Deutschen
Pavillon zeigen wird. Parallel dazu hat von Anfang an die
Zeichnung eine wichtige Rolle in seinem Werk gespielt
und zwar sowohl die Bleistiftzeichnung als auch das Aqua-
rell und die sogenannten «farbigen Blätter». In letzteren
verwendet der Künstler Oel- und Acrylfarben, die er mit
Terpentin und Wasser verdünnt, so dass die Zeichnungen
einen Charakter von Transparenz und Leichtigkeit
erhalten. Dennoch unterscheidet er sie deutlich von seinen
kleinformatigen Aquarellen, die mit leichter Hand auf dem
Tisch gezeichnet sind, während die grösseren farbigen
Blätter auf dem Boden gemalt werden, wo die Formen aus
der Geste und der Körperbewegung heraus entstehen.
Droeses Blätter zeugen von einem sehr direkten, spon-
tanen Arbeiten. Ihnen eignet der Charakter des Offenen.
und nicht von ungefähr tragen die meisten keinen Titel
Auf den ersten Blick sind sie schwer lesbar, und ihre Inhalte
wirken verschlüsselt. Erst nach und nach schälen sich aus
den bewegten Linienverläufen und Pinselschwüngen