des Mediums erforschen. Sie wenden sich vermehrt den
traditionellen Techniken —- wie Holz- und Linolschnitt,
Radierung und Lithographie - zu, gehen mit ihnen aber in
sehr unkonventioneller Weise um. Martin Disler beispiels-
weise benützt die Vernis-mou-Technik nicht in der klas-
sischen Manier, d. h. er zeichnet nicht auf ein dünnes Blatt
Papier, das - über dem weichen Grund liegend - einen blei-
stift- oder kreideartigen Strich erzeugt, sondern er arbeitet
mit dem Pinsel und mit den Fingern direkt in den weichen
Grund hinein, was seiner spontanen, gestischen und ener-
giegeladenen Schaffensweise entspricht. Peter Emch inter-
pretiert den Linolschnitt in ganz eigener Weise. Anstelle
der gängigen flächigen und linearen Darstellung mit Innen-
und Aussenformen erzeugt er einen «Schlitzraster», d. h.
einen Querraster aus dicht nebeneinander gelegten Längs-
schnitten, der es ihm gestattet, im Linolschnitt unübliche
Halbtöne und Hell-Dunkel-Modellierungen zu erzielen.
Dieses neue Verfahren, das seinen kantig-kubischen
Figuren und Landschaftselementen Plastizität und Tiefe
verleiht, vermag vibrierendes Licht in das Bild zu bringen.
Josef Felix Müller schneidet bei seinen Holzschnitten ohne
die übliche Vorzeichnung direkt in das Holz, ein Verfahren,
das er auch bei seinen Holzskulpturen anwendet, wodurch
die Unmittelbarkeit des Schaffensprozesses erhalten bleibt.
Er verzichtet auf die herkömmliche, kontrollierte Holz-
schnittmanier, die vom Endresultat ausgeht und die
Vorzeichnung so genau wie möglich zu reproduzieren
sucht. Seine riesigen Holzschnitte aus der Serie «Tasten
durch den feinen Nebel der Sinnlichkeit» von 1986 hat er
unmittelbar aus dem Fussboden seines Ateliers geschnitten
und mit Hilfe von Freunden gedruckt, die sich in
Strümpfen über das Papier bewegen mussten. Nach
unserem Ankauf des Holzschnittes Nr. 1 schenkte uns Frau
Annette Bühler zu unserer grossen Freude den Holzschnitt
Nr. 2.und Herr Peter Blum das Titelblatt dieser 4teiligen
Serie.
Des weiteren wurden wir im Jubiläumsjahr von Herrn
Hans Bolliger mit dem Plakat für den Salon DADA in der
Galerie Montaigne, Paris, 1921 beschenkt, das eine wichtige
Bereicherung unserer Dada-Sammlung ist. Von Frau Dr.
Josy Guggenheim erhielten wir das aussergewöhnliche
Werk «Sandbank» von Paul Klee sowie zwei schöne Farb-
stiftzeichnungen von August Macke. Aus dem Legat von
Friedrich und Anna Schenkel-Grendelmeier konnten wir 8
Aquarelle und eine Radierung entgegennehmen. Auch
durch die Schenkung von Herrn Professor Alfred Roth
wurde die Graphische Sammlung reich bedacht. Wir
erhielten 7 Zeichnungen und einen Holzschnitt, zum Teil
von wichtigen Künstlern, die in unserer Sammlung bisher
fehlten, wie Willi Baumeister, Henry van de Velde oder
Adolf Hölzel.
UP
Restaurierung und Konservierung
Der Schwerpunkt in diesem Jahr lag auf der Restaurierung
und Neumontierung von insgesamt 189 Altmeisterzeich-
nungen von Zürcher- und Schweizerkünstlern des 16.-17.
Jahrhunderts. Die Vorarbeiten wurden mit der nötigen
Zuverlässigkeit von den Mitarbeiterinnen im Atelier Bürkı,
Miriam Gierisch und Barbara Stucki, in den Räumen der
Graphischen Sammlung besorgt, während die Hauptauf-
gabe im Anschluss daran in den bewährten Händen von
Frau Annagret Bürki lag. M. Gierisch hat uns in dankens-
werter Weise unterstützt, indem sie 229 kleinere Formate
neu passepartourierte. Die grösseren Formate und drin-
gende Passepartourierungsarbeiten für Ausstellungen, mit
insgesamt 424 Zeichnungen, hat Albert Planta durch regel-
mässige Mitarbeit übernommen. Neben diesen auswärtig
besorgten Arbeiten blieben unserem Buchbinder Otto
Müller noch 292 Passepartouts, die er neben den Buch-
binderarbeiten und der Betreuung von Besuchern der
Bibliothek (siehe Benützerstatistik) und der Graphischen
Sammlung in der bekannten, ausserordentlich speditiven
und präzisen Weise geschnitten hat. Die Restaurierung von
Altmeisterzeichnungen wird im folgenden Jahr fortgesetzt.
Abgeschlossen wurden die restauratorischen Vorarbeiten
für die Veröffentlichung von 70 Zeichnungen aus dem
Zeitraum 1750 bis 1850 im Sammlungsheft 14. Diese Vor-
arbeiten erstreckten sich über eine Zahl von 215 Zeich-
nungen, die heute in gepflegtem Zustand und wissenschaft-
lich erschlossen leichter zugänglich gemacht worden sind.